• Das politische Zentrum und die Konstruktion Europas

  • 18 Mar 11 Posted under: Portugal
  • Der Gegenstand des Rituals, das wir hier vollziehen – Ritual insofern, als die Gruppen den Bericht und die umfangreiche Dokumentation erst in allerletzter Minute erhalten haben –, nämlich der Prozess der Konstruktion Europas und die Beteiligung der portugiesischen Regierung an ihm, muss hinsichtlich seiner Ergebnisse im Jahre 2009 betrachtet werden.

    Zunächst einmal verfolgte, unterstützt von der sozialistischen Regierung Portugals, der Europarat das Ziel einer Verlängerung der Amtszeit von Barroso als Kommissionspräsident, wobei er nicht nur dessen Rolle im beschämenden Azoren-Gipfel vergaß, der den Krieg im Irak auslöste und die Verbreitung von Lügen zu dessen Rechtfertigung, sondern auch die neoliberalen und antisozialistischen Politiken und Vorschläge bekräftigte, die die derzeitige Kommission betreibt, und zwar gegen den Protest und den Widerstand sozialer Bewegungen in ganz Europa.

    Wenn wir die augenscheinliche Unfähigkeit der EU in Rechnung stellen, wirtschaftliche und soziale Antworten, und zwar wahrhaft europäische Antworten, auf die gegenwärtige Krise zu geben, wenn wir uns ins Gedächtnis rufen, dass aus der ganzen moralisierenden Rhetorik der EU-Beamten gegen Banditentum und Betrug im Finanzsystem nicht eine einzige konkrete Maßnahme zum Beispiel zum Stop der Offshore-Banken hervorging, dann müssen wir daraus schließen, dass der derzeitige Europarat, und mit ihm die Regierung der Sozialistischen Partei, einzig und allein die Verlängerung der Amtszeit von Mr. Barroso bezweckte, womit die durch die EU entwickelte neoliberale Strategie gestärkt wurde. Das Ziel besteht in der Bekräftigung der Strategie, die die Krise vorbereitet und ermöglicht hat, und die es verunmöglichte, in Verteidigung der Interessen von Arbeitern, Immigranten, Arbeitslosen, der Armen und Schwachen, diese Krise zu bekämpfen. Die sozialistische Regierung suchte sich hinter lächerlichen patriotischen Argumenten zu verstecken, um einer wahrhaft politischen Debatte zu entgehen.

    Die Verlängerung der Amtszeit von José Manuel Barroso, kurzfristig Chef der Regierung der Sozialdemokratischen Partei, Komplize des Azoren-Gipfels, Stratege der neoliberalen Politik in Europa, mit Einverständnis und Unterstützung der Regierung der Sozialistischen Partei, ist der beste Beweis dafür, dass der Zentrums-Block eine die portugiesische Politik sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene strukturierende Realität ist.

    Wir schlagen eine linke Alternative zu dieser Politik vor. Das ist es, was während der Europawahlen zur Debatte stand und in den künftigen sozialen und politischen Kämpfen zur Debatte stehen wird.

    Sodann wird die Strategie zur Bestätigung des Lissabon-Vertrags durch das Hilfsmittel eines Verbots zum Abhalten von Referenden nach den Ablehnungen in Frankreich und Holland einerseits, sowie die infame Politik der Wiederholung des Referendums so oft wie nötig, bis die Unterstützer des “Ja” gewonnen haben, andererseits, als typischer Stil der Demokratie in der EU gebrandmarkt. In Irland brachten die Vorbedingungen für die Akzeptanz einer Wiederholung des Referendums die EU dazu, im Anhang neue Klauseln einzuführen, die den Originaltext substanziell verändern und die auch in dem Vertrag über den Beitritt Kroatiens enthalten sein werden.

    Das heißt, dass der Lissabon-Vertrag in der Tat in Form zweier verschiedener Texte zirkulieren wird. Einer, der bis jetzt von den Mitgliedstaaten ratifiziert wurde; und ein anderer, über den in Irland abgestimmt und der auch Gegenstand des Beitritts von Kroatien sein wird. Eine Art “à la carte”-Vertrag also. Kurz, eine Farce, die die demokratische Illegitimität des Lissabon-Vertrags offenbart und zu welcher die sozialistische Regierung, unterstützt von den Sozialdemokraten, aktiv beigetragen hat.

    Der gesamte Prozess des Lissabon-Vertrags ist ein Beweis für die ernsthaften Demokratie-Defizite, die die EU-Institutionen kennzeichnen, und für ihre Bürgerferne.

    Weder das offensichtliche Defizit der EU-Strukturpolitik bei der Bekämpfung von Krise und Arbeitslosigkeit ist Grund großer Überraschung. Was ist schon von einer Kommission zu erwarten, die die Wucht der Krise mit ihrer auf die Destruktion der öffentlichen Dienste gerichteten Politik vorbereitet und ermöglicht hat, mit der Unterstützung von Arbeitslosigkeit und Unsicherheit und

    der Verschlimmerung der Ausbeutung der Arbeit, dem beständigen Vorrang politischer und informationeller Anliegen vor dem sozialen und politischen Zusammenhalt?

    Noch ist es überraschend, wenngleich signifikant, dass die sozialistische Regierung eine Verlängerung dieser Art von Politik auf der Ebene des Kommissionspräsidenten befürwortet.

    Überraschend ist, dass sie nicht begreifen, dass dies der Grund dafür ist, weshalb 50 Prozent der EU-Bürger nicht zu den Wahlen am 7. Juni gegangen sind, und wenn sie doch gingen, dann, um diese Politik des demokratischen und sozialen Defizits abzulehnen.

     

    Aus dem Englischen von Effi Böhlke

     


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