• 55. ITH-Konferenz
  • Arbeit auf dem Land: AkteurInnen, Gesellschaften und Umwelten

  • Internationale Tagung der HistorikerInnen der Arbeiter- und anderer sozialer Bewegungen (ITH) 2019 beabsichtigt die Beziehungen zwischen der Geschichte der Arbeit, der Arbeitenden und der ArbeiterInnenbewegungen und der Geschichte des ländlichen Raumes zu festigen.

    Die Konferenz ist darum bemüht, das Themengebiet der „Arbeit auf dem Land“ aus zwei Blickwinkeln zu behandeln: erstens, landwirtschaftliche Arbeit als Koproduktion von Gesellschaft und Natur und, zweitens, ländliche Arbeitsverhältnisse als Bestandteile größerer politischer und wirtschaftlicher Systeme. Beiträge zu dieser Konferenz sollen aufzeigen, wie sich diese beiden Perspektiven gegenseitig ergänzen, Forschungsdesiderate und blinde Flecken in der jeweils anderen Perspektive ausfindig machen, Brücken bauen und zur theoretischen, methodologischen und empirischen Bereicherung der Geschichte landwirtschaftlicher Arbeit beitragen.

    Der erste Blickwinkel akzentuiert die Aspekte, die landwirtschaftliche Arbeit – Acker- und Gartenbau, Viehzucht, Arbeit in der Wald- und Forstwirtschaft oder die Verarbeitung von auf dem Land produzierten Rohstoffen – von anderen Formen der Arbeit unterscheidet. Diese Perspektive lenkt die Aufmerksamkeit auf die aus ihrer natürlichen Einbettung resultierenden Unterschiede der Landwirtschaft im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen: die natürlichen Einschränkungen betreffend die Auswahl von Kulturpflanzen in bestimmten Regionen, die biologischen Wachstumsprozesse von Pflanzen und Tieren, die Saisonalität des Arbeitsprozesses, die Unbeständigkeiten des Wetters und die sich daraus ergebenden ertragsbezogenen Risiken und die Auswirkungen auf materielle und immaterielle kulturelle Phänomene (Siedlungsmuster, Haushaltszusammensetzung, Techniken und Technologien, Wahrnehmungen der Umwelt, Möglichkeiten zur Intensivierung des Produktionsprozesses, die Entscheidung über Vertragsformen, soziale Schichtung und Eigentumsrechte usw.). Eingehende Fallstudien mit regionalem oder lokalem Schwerpunkt würden sich eignen, um die Koproduktion von Gesellschaft und Natur zu fassen.

    Der zweite Blickwinkel, von dem aus das Thema beleuchtet wird, betont die Vielfalt ländlicher Arbeitsverhältnisse und untersucht eher Gemeinsamkeiten mit anderen Arbeitsverhältnissen und, nicht zuletzt, das breite Spektrum an Verknüpfungen zwischen landwirtschaftlicher und nicht-landwirtschaftlicher Arbeit durch Individuen und Haushalte. Dies umfasst haushaltsbasierte Formen der Arbeitsorganisation, Gesindedienst, Lohnarbeit (dauerhaft, saisonal, migrierend), Zwangsarbeit (Sklaverei, Fronarbeit) sowie weitere Formen freier und unfreier Arbeit, aber auch landwirtschaftliche Aktivitäten von ländlichen HandwerkerInnen und IndustriearbeiterInnen, die geschlechts-, alters- und lebenslaufspezifische Arbeitsteilung und viele andere Themengebiete. Die Zusammenhänge dieser unterschiedlichen Arbeitsverhältnisse mit übergreifenden (sozio-)politischen und (sozio-)ökonomischen Phänomenen (wie z.B. Territorialstaaten und globale Kapitalismen seit dem 16. Jahrhundert) sind von besonderem Interesse. Der jeweilige Fokus liegt eher auf allgemeinen Aspekten, wie beispielsweise Klassen- und Machtverhältnissen, sozialen Bewegungen und der (Nicht-)Organisierung von LandarbeiterInnen, Mobilität und Migration, Güterketten, Governance-Strukturen, dem Zugang zu Eigentum an Grund und Boden und anderen zentralen Ressourcen und Marktentwicklungen als Erklärungen für die soziale Zusammensetzung ländlicher Gesellschaften. Diese Perspektive verlangt nach der Erweiterung der Forschungsperspektive auf unterschiedliche Ebenen, vom Lokalen zum Globalen.

    Die Konferenz beabsichtigt Beiträge aus verschiedenen Disziplinen (Geschichte, Geographie, Soziologie, Wirtschaftswissenschaften, Anthropologie usw.) und unterschiedlichen zeitlichen und räumlichen Kontexten zusammenzuführen, die die Komplexität ländlicher Arbeitsverhältnisse und die Handlungsmacht ländlicher ArbeiterInnen aus den skizzierten Perspektiven behandeln. Das Interesse an lang- und kurzfristigen historischen Entwicklungen sollte einen gemeinsamen Ausgangspunkt für interdisziplinäre Debatten darstellen. Neben eingehenden Fallstudien sind Beiträge, die auf internationale Vergleiche und/oder transanationale Verbindungen fokussieren, besonders willkommen. Beiträge könnten den praktischen Handlungsspielraum ländlicher AkteurInnen im Spannungsfeld zwischen Anpassung und Widerstand beleuchten oder untersuchen, wie die Geschichte landwirtschaftlicher Arbeit in einem bestimmten Raum von den natürlichen Möglichkeiten und Einschränkungen, technologischen Entwicklungen und globalisierenden Marktkräften beeinflusst wurde. Dies sind lediglich zwei Beispiele, wie Beiträge zu dieser Konferenz durch einen Fokus auf die Untersuchung von Arbeit produktiv an die bestehenden Verbindungen zwischen der Geschichte des ländlichen Raumes und der Geschichte der Arbeit, der Arbeitenden und der ArbeiterInnenbewegungen anknüpfen bzw. diese Verbindungen erweitert können.

     

    Kontakt

    Lukas Neissl
    International Conference of Labour and Social History (ITH)
    c/o Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes
    Altes Rathaus, Wipplinger Str. 6/Stg., A-1010 Wien, Österreich
    e-Mail: ith[a]doew.at

     

    Weitere Informationen finden Sie auf der ITH-Webseite;


Programm

Thursday, 5 September 2019


Registration of participants at the venue


12.00 – 14.00 Meeting of the ITH Board and International Scientific Committee
14.00 – 14.30 Break
14.30 – 16.30 General Assembly of the ITH
17.00 – 17.30 Conference Opening
17.30 - 19.15 Keynote Lecture
Thijs Lambrecht (Ghent University): Commonalities and Diversities: Regulating Rural Labour in Europe, c. 1250 - c. 1850
19.15 – 21.00 Welcome Reception

 

 

Friday, 6 September 2019

9.00 – 10.30 Panel I: State-Led Transformations
Chair and comment: tba

  •  Holger Czitrich-Stahl (Förderkreis Archive und Bibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung, Berlin): The Multi-Coloured World of the Prussian Estate and Socialism: Labour Relations, Agrarian Question and Organizational Policy of Social Democracy and the Trade Union Movement Before the German Revolution 1918/19
  •  Juan Carmona-Zabala (Vienna University of Economics and Business): State-Led Production of Rural Labour: The Case of Tobacco Cultivation in Interwar Greece
  • Martin Schröder (Martin Luther University Halle-Wittenberg): The Venezuelan Reforma Agraria: The Emergence of State Actors in Rural Affairs

10.30 – 10.45 Coffee Break


10.45 – 12.45 Panel II: Labour Markets
Chair and comment: tba

  • Peter Woodley (Australian National University, Canberra): “A Decent Sort of a Chap”: Australian Farmers’ Diverse Encounters with Labour, 1880-1930
  • Jessica Richter (Institute of Rural History, St. Pölten): Organising the Agricultural Labour Market in Interwar Austria
  • Tina Bopp (University of Basel): On the Coloniality of the Recruitment Infrastructure and (Agricultural) Labour Regimes in Europe
  • Janina Puder (Friedrich Schiller University Jena): Transnational Rural Labour Relations in the Context of the Emerging Bioeconomy in Malaysia by the Example of Migratory Labour

12.45 – 13.45 Lunch

13.45 – 15.45 Panel III: Commodity Chains
Chair and comment: tba

  • Rolf Bauer (University of Vienna): Free and Unfree Labour in the “Global Countryside”: A Comparative Analysis of Jute, Poppy and Tea Production in 19th Century South Asia
  • Rachel Kurian (International Institute of Social Studies, Erasmus University Rotterdam): Finance Capital and Labour Regimes: Plantations in 19th Century South Asia
  • Elise van Nederveen Meerkerk (Utrecht University): Peasant Households Under Pressure: Women’s Work and the Cultivation System on Java, 1830-1870
  • Ernst Langthaler (Johannes Kepler University Linz): Matching Plants, Labour and Technology: Soy Farming in Globalized Regions


15.45 – 16.00 Coffee Break


16.00 – 18.00 Panel IV: Working Bodies
Chair and comment: tba

  • Juri Auderset (Archives of Rural History, Bern): Agricultural Working Knowledge: Towards a Science of Agricultural Work in Interwar Europe
  • Peter Moser (Archives of Rural History, Bern): Working Companions: Farm Animals and their Manifold Functions, 1850-1950
  • Leo Kühberger (Graz): Why the Cows Go Crazy: Immaterial Labour and Agriculture
  • Majda Černič Istenič (University of Ljubljana): Experiences of Farm Families with the Consequences of Occupational Diseases and Injuries from the Historical Perspective


18.00 – 19.00 Dinner
19.00 – 21.00 Public evening event (in German):
“Arbeit auf dem Land: Selbstorganisation und Selbstermächtigung in der Landarbeit”
(at the venue)

 

Saturday, 7 September 2019

9.00 – 11.00 Panel V: Preindustrial Ruralities
Chair and comment: tba

  • Erich Landsteiner (University of Vienna): Matching Vines and Labour: Wage Labour and Sharecropping in Late Medieval and Early Modern Austrian Viticulture (14th-17th)
  • Klemens Kaps (Johannes Kepler University Linz): Labour Relations and the Impact of Global Markets during a Period of Economic Transformation: Agriculture and Proto-Industries in Rural Spaces in Central Europe during the 18th Century
  • Göran Rydén (Uppsala University): A Swedish Plantation? Agricultural Work in the Midst of the Eighteenth-Century Iron Industry
  • Christiane Cheneaux-Berthelot (Université Paris-Sorbonne/Paris IV): The Farmers of the Seine Department in the XIXth Century: Specificity of their Activity on the Outskirts of Paris, and Social Study


11.00 – 11.15 Coffee Break


11.15 – 13.15 Panel VI: Power Struggles
Chair and comment: tba

  • Lisa Markowitz (University of Louisville): High Altitude Fields (of Power): Southern Peruvian Alpaca Producers and the International Market
  • Pheiga Amanda G. (Tata Institute of Social Sciences, Mumbai): The Dynamics and Politics in the Rongmei-Naga Tribe’s Land Governance System
  • A. Lozaanba Khumbah (Jawaharlal Nehru University, New Delhi): Agrarian Transformation in the Hills of Northeast India: The Unlikely Story of Shifting Agriculture
  • Praveen Verma (University of Delhi): Un-farming Land, Cultivating Dominance: Jats in Northern India


13.15 – 14.15 Lunch


14.15 – 15.45 Concluding Debate
Chair: tba