AK-Bildungshaus Jägermayrhof, Römerstraße 98
Internationale Tagung der HistorikerInnen der Arbeiter- und anderer sozialer Bewegungen (ITH) 2019 beabsichtigt die Beziehungen zwischen der Geschichte der Arbeit, der Arbeitenden und der ArbeiterInnenbewegungen und der Geschichte des ländlichen Raumes zu festigen.
Die Konferenz ist darum bemüht, das Themengebiet der „Arbeit auf dem Land“ aus zwei Blickwinkeln zu behandeln: erstens, landwirtschaftliche Arbeit als Koproduktion von Gesellschaft und Natur und, zweitens, ländliche Arbeitsverhältnisse als Bestandteile größerer politischer und wirtschaftlicher Systeme. Beiträge zu dieser Konferenz sollen aufzeigen, wie sich diese beiden Perspektiven gegenseitig ergänzen, Forschungsdesiderate und blinde Flecken in der jeweils anderen Perspektive ausfindig machen, Brücken bauen und zur theoretischen, methodologischen und empirischen Bereicherung der Geschichte landwirtschaftlicher Arbeit beitragen.
Der erste Blickwinkel akzentuiert die Aspekte, die landwirtschaftliche Arbeit – Acker- und Gartenbau, Viehzucht, Arbeit in der Wald- und Forstwirtschaft oder die Verarbeitung von auf dem Land produzierten Rohstoffen – von anderen Formen der Arbeit unterscheidet. Diese Perspektive lenkt die Aufmerksamkeit auf die aus ihrer natürlichen Einbettung resultierenden Unterschiede der Landwirtschaft im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen: die natürlichen Einschränkungen betreffend die Auswahl von Kulturpflanzen in bestimmten Regionen, die biologischen Wachstumsprozesse von Pflanzen und Tieren, die Saisonalität des Arbeitsprozesses, die Unbeständigkeiten des Wetters und die sich daraus ergebenden ertragsbezogenen Risiken und die Auswirkungen auf materielle und immaterielle kulturelle Phänomene (Siedlungsmuster, Haushaltszusammensetzung, Techniken und Technologien, Wahrnehmungen der Umwelt, Möglichkeiten zur Intensivierung des Produktionsprozesses, die Entscheidung über Vertragsformen, soziale Schichtung und Eigentumsrechte usw.). Eingehende Fallstudien mit regionalem oder lokalem Schwerpunkt würden sich eignen, um die Koproduktion von Gesellschaft und Natur zu fassen.
Der zweite Blickwinkel, von dem aus das Thema beleuchtet wird, betont die Vielfalt ländlicher Arbeitsverhältnisse und untersucht eher Gemeinsamkeiten mit anderen Arbeitsverhältnissen und, nicht zuletzt, das breite Spektrum an Verknüpfungen zwischen landwirtschaftlicher und nicht-landwirtschaftlicher Arbeit durch Individuen und Haushalte. Dies umfasst haushaltsbasierte Formen der Arbeitsorganisation, Gesindedienst, Lohnarbeit (dauerhaft, saisonal, migrierend), Zwangsarbeit (Sklaverei, Fronarbeit) sowie weitere Formen freier und unfreier Arbeit, aber auch landwirtschaftliche Aktivitäten von ländlichen HandwerkerInnen und IndustriearbeiterInnen, die geschlechts-, alters- und lebenslaufspezifische Arbeitsteilung und viele andere Themengebiete. Die Zusammenhänge dieser unterschiedlichen Arbeitsverhältnisse mit übergreifenden (sozio-)politischen und (sozio-)ökonomischen Phänomenen (wie z.B. Territorialstaaten und globale Kapitalismen seit dem 16. Jahrhundert) sind von besonderem Interesse. Der jeweilige Fokus liegt eher auf allgemeinen Aspekten, wie beispielsweise Klassen- und Machtverhältnissen, sozialen Bewegungen und der (Nicht-)Organisierung von LandarbeiterInnen, Mobilität und Migration, Güterketten, Governance-Strukturen, dem Zugang zu Eigentum an Grund und Boden und anderen zentralen Ressourcen und Marktentwicklungen als Erklärungen für die soziale Zusammensetzung ländlicher Gesellschaften. Diese Perspektive verlangt nach der Erweiterung der Forschungsperspektive auf unterschiedliche Ebenen, vom Lokalen zum Globalen.
Die Konferenz beabsichtigt Beiträge aus verschiedenen Disziplinen (Geschichte, Geographie, Soziologie, Wirtschaftswissenschaften, Anthropologie usw.) und unterschiedlichen zeitlichen und räumlichen Kontexten zusammenzuführen, die die Komplexität ländlicher Arbeitsverhältnisse und die Handlungsmacht ländlicher ArbeiterInnen aus den skizzierten Perspektiven behandeln. Das Interesse an lang- und kurzfristigen historischen Entwicklungen sollte einen gemeinsamen Ausgangspunkt für interdisziplinäre Debatten darstellen. Neben eingehenden Fallstudien sind Beiträge, die auf internationale Vergleiche und/oder transanationale Verbindungen fokussieren, besonders willkommen. Beiträge könnten den praktischen Handlungsspielraum ländlicher AkteurInnen im Spannungsfeld zwischen Anpassung und Widerstand beleuchten oder untersuchen, wie die Geschichte landwirtschaftlicher Arbeit in einem bestimmten Raum von den natürlichen Möglichkeiten und Einschränkungen, technologischen Entwicklungen und globalisierenden Marktkräften beeinflusst wurde. Dies sind lediglich zwei Beispiele, wie Beiträge zu dieser Konferenz durch einen Fokus auf die Untersuchung von Arbeit produktiv an die bestehenden Verbindungen zwischen der Geschichte des ländlichen Raumes und der Geschichte der Arbeit, der Arbeitenden und der ArbeiterInnenbewegungen anknüpfen bzw. diese Verbindungen erweitert können.
Kontakt
Lukas Neissl
International Conference of Labour and Social History (ITH)
c/o Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes
Altes Rathaus, Wipplinger Str. 6/Stg., A-1010 Wien, Österreich
e-Mail: ith[a]doew.at
Weitere Informationen finden Sie auf der ITH-Webseite;
Registration of participants at the venue
12.00 – 14.00 Meeting of the ITH Board and International Scientific Committee
14.00 – 14.30 Break
14.30 – 16.30 General Assembly of the ITH
17.00 – 17.30 Conference Opening
17.30 - 19.15 Keynote Lecture
Thijs Lambrecht (Ghent University): Commonalities and Diversities: Regulating Rural Labour in Europe, c. 1250 - c. 1850
19.15 – 21.00 Welcome Reception
9.00 – 10.30 Panel I: State-Led Transformations
Chair and comment: tba
10.30 – 10.45 Coffee Break
10.45 – 12.45 Panel II: Labour Markets
Chair and comment: tba
12.45 – 13.45 Lunch
13.45 – 15.45 Panel III: Commodity Chains
Chair and comment: tba
15.45 – 16.00 Coffee Break
16.00 – 18.00 Panel IV: Working Bodies
Chair and comment: tba
18.00 – 19.00 Dinner
19.00 – 21.00 Public evening event (in German):
“Arbeit auf dem Land: Selbstorganisation und Selbstermächtigung in der Landarbeit” (at the venue)
9.00 – 11.00 Panel V: Preindustrial Ruralities
Chair and comment: tba
11.00 – 11.15 Coffee Break
11.15 – 13.15 Panel VI: Power Struggles
Chair and comment: tba
13.15 – 14.15 Lunch
14.15 – 15.45 Concluding Debate
Chair: tba