• 6. Jahresvortrag in Memoriam Nicos Poulantzas mit
  • Gayatri Chakravorty Spivak

  • Am 20. Dezember wird das Nicos-Poulantzas-Institut in Zusammenarbeit mit transform! europe Gastgeber einer Veranstaltung mit der angesehenen Wissenschaftlerin Gayatri Chakravorty Spivak als Hauptrednerin sein. Sie wird den 6. Jahresvortrag im Gedenken an Nicos Poulantzas halten, der den Titel „Europe and the Bull Market“ trägt.

    Gayatri Chakravorty Spivak wurde am 24. Februar 1942 in Kalkutta, Indien, geboren. Nachdem sie ihre Schulzeit an der St. John’s Diocesan Girls’ Higher Secondary School abgeschlossen hatte, absolvierte sie am Presidency College der Universität Kalkutta ein Grundstudium in Englisch mit ausgezeichnetem Erfolg (1959), wobei sie Goldmedaillen für englische und bengalische Literatur erwarb. Im Anschluss daran besuchte sie die Cornell Universität, USA, wo sie ihr Masterstudium in Englisch beendete und ein Doktoratsstudium in Vergleichenden Literaturwissenschaften aufnahm, während sie gleichzeitig an der Universität Iowa unterrichtete. Im März 2007 wurde G. Spivak Professorin an der Columbia Universität, was sie zur damals einzigen Inderin machte, der in der 264-jährigen Geschichte der Universität diese höchste Ehre zuteil geworden war. Im Juni 2012 wurde ihr der Kyoto-Preis für Kunst und Philosophie verliehen.

    Gayatri Chakravorty Spivak ist eine weltbekannte kritische Theoretikerin, deren Werk insbesondere das Feld des Postkolonialismus geprägt hat, als dessen Begründerin sie oft bezeichnet wird. Sie ist bekannt für ihre kritischen Theorien zur zeitgenössischen Kultur, die das „Erbe des Kolonialismus“ und die Art aufgreifen, wie sich RezipientInnen mit Literatur und Kultur auseinander setzen. Zumeist nimmt sie Texte jener Kulturen ins Visier, die von der herrschenden „westlichen“ Kultur marginalisiert werden: neuen MigrantInnen, die ArbeiterInnenklasse und Frauen. Ihre Forschungsinteresse umfasst Feminismus, Marxismus, Dekonstruktion und Globalisierung. Sie stellt jene Ansätze in Frage, wonach der „Westen demokratischer, zivilisierter und letztendlich entwickelter“ sei als der Rest der Welt und dass „die gegenwärtige postkoloniale Zeit fortschrittlicher“ sei als frühere Epochen. Ihre Ideen werden lose assoziiert mit jenen des Subaltern Studies Collective, einer Gruppe in Indien, Großbritannien und den Vereinigten Staaten ansässiger marxistischer Intellektueller, deren Interesse den nicht repräsentierten Massen gilt. Als marxistisch, feministisch und dekonstruktivistisch bezeichnet, ist Spivaks Denken alles andere als eindimensional. Ihr beständig anwachsendes Werk umspannt viele Disziplinen und überbrückt die Kluft zwischen der akademischen Welt und jener des politischen Aktivismus.

    Zu ihren Verdiensten gehören ihre Pionierleistungen in den Bereichen Feminismus und Postkolonialismus im Rahmen der globalen Wissenschaftswelt, die mit ihrer Übersetzung von Jacques Derridas De la grammatologie im Jahr 1976 ihren Ausgang nahmen. Im Jahr 1985 veröffentlichte sie den Essay Can the Subaltern Speak?, der von den Klassen an den Grenzen sozialer Mobilität handelt und als Grundlagentext des Postkolonialismus angesehen wird. Sie ist Autorin und Übersetzerin von mehr als 17 Büchern, u.a. von A Critique of Postcolonial Reason, In Other Worlds: Essays in Cultural Politics, Outside in the Teaching Machine, Deathof a Discipline, Other Asias und An Aesthetic Education in the Era of Globalization.

    Seit 1986 ist Gayatri Chakravorty Spivak auch eine aktive Förderin der Bildung der ländlichen Bevölkerung ebenso wie von sozio-ökologischen Bewegungen, und zwar sowohl durch ihre theoretische Forschung als auch ihre philanthropische Tätigkeit. Ihr Leben ist dem zivilgesellschaftlichen Engagement gewidmet, wobei sie sich insbesondere den internationalen Frauenbewegungen und der Bildung im ländlichen Indien widmet. 1997 gründete sie das Pares Chandra and Sivani Chakravorty Memorial Literacy Project, das ihre Bemühungen unterstützt und GrundschullehrerInnen für im ländlichen Indien lebende Kinder ausbildet. Gegenwärtig betreibt das Projekt Schulen im ländlichen Raum in Westbengalen. Ihr mit dem Kyoto-Preis 2012 zuerkannte Preisgeld für ihr Lebenswerk in den Bereichen Kunst und Philosophie hat sie gespendet, um damit die Finanzierung des Projekts fortzusetzen. 


Programm

Der Vortrag wird um 19:00 Uhr im Saal des Goethe-Instituts in Athen stattfinden.