Unter dem Motto „Prekarität bekämpfen, Armut beseitigen“ wird der Gegengipfel Netzwerke des Widerstands und der Solidarität stärken – denn die Europäische Kommission und der portugiesische Ratsvorsitz, die den offiziellen „Sozialgipfel“ veranstalten, sind genau jene europäischen Kräfte, die dem Anstieg der Armut bislang tatenlos zusehen.
Der Sozialgipfel wird am 7. Mai in Porto stattfinden. Bei diesem Treffen, zu dem António Costa für den portugiesischen Vorsitz des Rats der Europäischen Union und Ursula von der Leyen als Präsidentin der Europäischen Kommission einladen, werden führende Politiker*innen und Vertreter*innen von Gewerkschaften und Arbeitgeber*innenverbänden sowie von internationalen Organisationen wie der OSZE und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) erwartet. Ziel soll sein, die Bedeutung der Europäischen Säule Sozialer Rechte durch eine gemeinsame Verpflichtung der Staats- und Regierungschefs, „Sozialpartner*innen“ und zivilgesellschaftlichen Organisationen zu betonen und ihr durch eine Erklärung zum dazugehörigen Aktionsplan, den die Europäische Kommission vorgeschlagen hat (und der in einem informellen Treffen der Staatsoberhäupter am 8. Mai bestätigt werden soll), einen neuen Impuls zu geben.
Eine Europäische Säule Sozialer Rechte wird im europäischen Kontext angesichts des empörenden Ungleichgewichts zwischen der Priorität, die Wachstum eingeräumt wird, und der geringen Aufmerksamkeit für die Bekämpfung von Ungleichheiten bereits seit 2015 befürwortet. In der 2017 in Göteborg beschlossenen Säule Sozialer Rechte sind 20 Grundsätze festgelegt, die in drei Hauptbereiche untergliedert sind: i) Chancengleichheit und gleichberechtigter Zugang zum Arbeitsmarkt, ii) faire Arbeitsbedingungen, und iii) Sozialschutz und soziale Integration. Seither hat es abgesehen von großspurigen, wohlklingenden Erklärungen, die ohne Folgen blieben, keine wirklich bedeutenden Fortschritte gegeben.
Was der Säule Sozialer Rechte und ihrem Aktionsplan fehlt, sind ein aufrichtiger Wille, konkrete Ziele und Stärke innerhalb der institutionellen Architektur der Europäischen Union. Denn in Wirklichkeit sind es die Vorschriften der EU-Verträge, die die Europäische Union mit einer in liberalen Dogmen verwurzelten Wirtschaftspolitik antreiben, und die Vorschriften des Europäischen Semesters, die Länder an Investitionsentscheidungen hindern, die die Regelungen festschreiben, alle Richtlinien einem 3-Prozent-Defizitziel unterzuordnen (das wegen seiner Ineffizienz derzeit vorübergehend aufgehoben ist) und nationale Haushalte dem Druck und Boykott der Europäischen Union auszuliefern.
Dieser Sozialgipfel wird nur ein weiterer Showmoment sein, da sich in der europäischen Politik keinerlei grundlegende Änderung abzeichnet. Im Gegenteil: Jetzt halten die europäischen Institutionen die Fahne der Säule der Sozialrechte hoch, und obwohl einige der darin enthaltenen Prinzipien ohne jeden Zweifel gerecht sind, ist die Beschäftigungsunsicherheit unaufhaltsam gestiegen und nimmt neue und radikale Formen von Privatisierung („Deprotection“) und Deregulierung an, die unter dem Vorwand der „Digitalisierung der Wirtschaft“ durchgesetzt werden; die Armut nimmt unvermindert weiter zu und derzeit gibt es in der Europäischen Union mehr als 93 Millionen arme Menschen, von denen viele Arbeitnehmer*innen sind, die unter die Armutsgrenze fallen; und es gibt keinen gerechten Klima-Übergangsplan, der die Logik der Akkumulation den Bedürfnissen des Planeten und der sozialen Gerechtigkeit unterstellen würde. Darüber hinaus bestand die Intervention der europäischen Institutionen bislang darin, einzelstaatlichen Maßnahmen, die auf die Erhöhung von Mindestlöhnen abzielten, entgegenzuwirken und sich beispielsweise gegen die Umkehrung der Hinterlassenschaften von Sparmaßnahmen in Arbeitsgesetzen und Sozialschutz in Ländern wie Portugal, Spanien oder Griechenland zu stellen. Andererseits ist das angekündigte Motto dieses Sozialgipfels, bis 2030 insgesamt 15 Millionen Menschen aus der Armut zu holen, für den Zustand der Europäischen Union symptomatisch. Wenn sich der portugiesische Ratsvorsitz mit einem solchen Ziel einverstanden erklärt und es für sich übernimmt, wird damit stolz die große soziale Verpflichtung verkündet, bis 2030 ein Europa mit 76 Millionen armen Menschen zu erreichen. Mit anderen Worten geht damit eine absolut konformistische Haltung zur Frage der Armut einher, die bereits zu einer Menschenrechtsverletzung erklärt wurde – aber nichtsdestotrotz weiter als unvermeidlich und natürlich gehandelt wird.
Ursprünglich veröffentlicht auf der Webseite von Esquerda (bearbeitet).
16:00 – 20:00 : Tour around Porto's B side
A guided tour through the Historic Centre – gentrification and right to housing – conducted by Sérgio Aires (Prior registration up to 30 people).
20:00 – 22:30 : Dinner and cinema
With the presence of Fabíola Cardoso (MP of Bloco de Esquerda – European Affairs) at Passos Manuel (or open air space - CCOP).
22:30 : Talk with homeless people at Batalha Square
With the presence of Sérgio Aires, Susana Constante Pereira, Teresa Bispo and Jorge Costa.
10:00 : Openning
Luís Fazenda (Bloco's leader - International Department)
José Gusmão (Bloco's MEP)
Heinz Bierbaum (President of the Party of the European Left)
Manon Aubry (Co-president of The Left in the European Parliament) [video presentation]
10:30 – 12:30 : Digital transition, platform work and fighting precariousness
Moderator: José Soeiro
Short documentary: "Estafados: stories of normalized precariousness" (6 minutes)
Leïla Chaibi - France Insoumise (France)
Nuria Soto (Plataforma Riders X Derechos Barcelona - Intersindical Alternativa de Catalunya) [video presentation]
Teresa Coelho Moreira (Jurist, Green Paper on the Future of Work) [video presentation]
Maria da Paz Lima (Labour researcher/ Eurofound)
Fernando Fidalgo (Leader of Sindicato dos Trabalhadores de Transportes Rodoviários e Urbanos de Portugal / Transporte individual e remunerado De passageiros em Veículos descaracterizados a partir de plataforma Eletrónica)
14:00 – 16:00 : Economic justice, full employment and work with rights
Moderator: Conceição Sereno
Yolanda Diaz (Minister of Labour Spanish Government) [video presentation]
Rafael Mayoral (Member of the Spanish Congress, Spokesperson of PODEMOS and Secretary of Civil Society and Popular Movement)
Francisco Louçã (Economist)
Manuel Carvalho da Silva (CoLABOR)
Nelson Silva (Comissão dos Trabalhadores Rádio e Televisão de Portugal and National Council CGTP)
Ana Miranda Paz (Bloque Nacionalista Galego MEP)
16:30 - 18:30 : Struggles for Equality, Social Protection and Poverty Eradication
Moderator: Sérgio Aires
Jordi Estivill (Member of the Solidarity Economy Network of Catalonia)
Graciela Malgesini (European Anti-Poverty Network)
José Manuel Boavida (President of the Association for the Protection of Diabetics in Portugal)
Teresa Bispo (Coordinator of NPISA Lisboa)
Liliana Rodrigues (Researcher)
21:00 : Final speeches
Heinz Bierbaum (President of EL)
Catarina Martins (National coordinator of Bloco)
Sérgio Aires (Bloco’s candidate for the local elections 2021)