Eine Analyse unserer Mitgliedsorganisation „Fundación por la Europa de los Ciudadanos“ zur Europawahl in Spanien unmittelbar und vor dem Hintergrund der laufenden Regierungsbildung nach der Parlamentswahl.
Nach einer Zeit, in der die Unterstützung der Wähler_innen stärker den als progressiv erachteten Kräften galt, befinden wir uns jetzt in einer Phase, in der sich die politische Landschaft verändert. Dieser Prozess ist besonders durch die neue rechtsextreme Partei Vox geprägt, die sowohl bei den letzten Regionalwahlen in Andalusien (Dezember 2018) als auch mit der jüngsten Parlamentswahl entschlossen die politische Bühne betreten hat. Insofern ist durchaus zu erwarten, dass diese Partei auch Abgeordnete ins Europäische Parlament entsenden wird. Vox profitiert vor allem von der Unzufriedenheit der Wähler_innen der Volkspartei (die sich aufgrund von Korruptionsfällen in einer Krise befindet). Einwanderung und feministische Positionen lehnt sie ab und spricht sich angesichts der politischen Krise in Katalonien eindeutig für eine zentralistische Verfassung Spaniens aus.
Die Linke wiederum, die im Abgeordnetenhaus des spanischen Parlaments von Unidos Podemos (einem Bündnis aus Podemos, Izquierda Unida, Cataluña en Común und En Marea) vertreten ist, steht im Hinblick auf die bevorstehenden Lokal-, Regional- und Europawahlen vor einer Krise, da sie sich in einigen Gemeinden und Regionen wie beispielsweise Madrid nicht auf gemeinsame Kandidaturen einigen kann. Demzufolge wird es bei den nächsten Lokal- und Regionalwahlen aus diesem Spektrum zwei oder sogar drei verschiedene Listen geben. Glücklicherweise ist zumindest im Hinblick auf die Europawahl eine Einigung für eine gemeinsame Liste gelungen, die sich aus unabhängigen Kandidat_innen und Mitgliedern von Podemos, Izquierda Unida und Cataluña en Común zusammensetzt.
Auf staatlicher Ebene war die Mehrheit, die den Misstrauensantrag gegen die konservative Regierung der Volkspartei im Abgeordnetenhaus ermöglicht hat, letztlich zu fragil, als dass sie hätte fortgeführt werden können. Wegen der Uneinigkeit über den Gesamthaushalt für 2019 erzwang die Sozialistische Partei vorgezogene Wahlen. Die Ergebnisse der jüngsten Wahl zeigen eine neue Zusammensetzung des spanischen Abgeordnetenhauses: Die Sozialistische Partei stieg in der Wähler_innengunst um sechs Punkte (und erhielt statt vormals 85 nun 123 Sitze), Unidos Podemos und ihre regionalen Verbündeten verloren 29 Sitze (und damit 6,79 Prozent ihrer Stimmen). Auf der konservativen Seite büßte die Volkspartei die Hälfte ihrer Stimmen ein (-49,41 Prozent und 71 Sitze), wovon wiederum Ciudadanos (von 32 auf 57 Sitze) und die rechtsextreme Vox-Partei (24 Sitze und 10,26 Prozent der Stimmen) profitierten. Angesichts der abschließenden Zahlen und unter Berücksichtigung weiterer regionaler Parteien muss die zukünftige Regierung von verschiedenen Parteien getragen werden, wobei die Sozialistische Partei aber stets als Hauptakteurin im Spiel ist.
Zu den Themen, die derzeit die öffentliche Debatte bestimmen, zählen:
Was die Europawahl angeht, ist leider festzuhalten, dass sie in der aktuellen politischen Agenda nicht Thema ist, wenngleich Europa in Verbindung mit Katalonien durchaus eine Rolle spielt (die katalanische Regierung appelliert an die europäischen Institutionen, damit sie in der Auseinandersetzung mit der Zentralregierung in Madrid politischen Druck ausüben). Ein weiterer Punkt betrifft den Brexit und seine Auswirkungen auf die in Großbritannien lebende spanische Gemeinschaft sowie die Frage der Definition der Grenzen im Gebiet von Gibraltar.
Wie bereits erwähnt, würde die Liste „Unidas Podemos Cambiar Europa“ (Gemeinsam können wir Europa verändern) Podemos, Izquierda Unida und Cataluña en Común umfassen. Auf dieser Liste wären auch Parteien zu finden, die derzeit der Partei der Europäischen Linken (IU, PCE, EUiA), der GUE/NGL (Podemos, IU) und der Fraktion der Grünen (ICV) angehören. Einige dieser Parteien haben ihre Sympathie mit Initiativen wie dem Plan B (Podemos) geäußert.