Griechische Medien: Manipulation, Korruption, Demokratiedefizit

Die Medienkrise in Griechenland ist die Konsequenz eines Mangels an echter Demokratie, der immer deutlicher wird. Wenn es in Griechenland einen nicht-pluralistischen Sektor des öffentlichen Lebens gibt, dann sind es definitiv die privaten Mainstream-Medien. Nach einem ministerialen Bescheid im Jahr 1989 erwarben Sendestationen Lizenzen, um auf öffentlichen Frequenzen ausstrahlen zu können. Der Bescheid gab Leuten mit „traditionellen Erfahrungen im Medien-System“ die Möglichkeit, eigene nicht-staatliche Fernsehkanäle zu etablieren. Das spezielle Gesetz, das dies ermöglichte, basiert auf einem Regierungsgesetz der 1970er Jahre, das diese Möglichkeit eigentlich für lokale Amateur- und Radiosender vorgesehen hatte. Die Geschäftsleute, die damals von diesem Gesetz profitierten, waren keine anderen als die nun großen, gut etablierten Herausgeber. Sie waren die ersten, denen diese neue Möglichkeit zugute kam und die diese Chance genutzt haben. Das einzige Kriterium, das erfüllt werden musste, um auf öffentlicher Frequenz ausstrahlen zu können, war die Qualität des beabsichtigten Programms.
Viele Jahre lang waren die privaten Mainstream-Medien ein Synonym für Korruption, und vielfach wurde ihnen Manipulation der öffentlichen Meinung vorgeworfen. Die framing-Methode* wurde quasi als Hauptregel des Journalismus praktiziert, meist aber ohne Sanktionen durch den nationalen Fernseh- oder Radiorat. Ein aktuelles, besonders schockierendes Beispiel für das framing der griechischen Medien zeigte sich während der Explosion der sozialen Unruhen im Dezember 2008, als die Polizei einen 15-Jährigen erschoss, was in der Folge zu massiven Aufständen führte. Das griechische Fernsehen und die Zeitungen berichteten jedoch nur über die Ausschreitungen und Zusammenstöße und brachten sie in Zusammenhang mit der friedlichen Jugendbewegung. Als Folge dieser Berichterstattung änderte sich die öffentliche Meinung über die Jugendbewegung ganz im Interesse von Regierung und Exekutive. Und seit dieser Zeit wurde SYRIZA als Hauptfeind des Systems angesehen. Dabei hat SYRIZA nichts anderes getan, als sich vernünftig und respektvoll gegenüber den tausenden in ganz Griechenland demonstrierenden Studierenden zu verhalten – und sie hat klar gemacht, dass sie die gewalttätigen Ausschreitungen und die Brutalität keineswegs gutheißt, dass es jedoch wichtig sei, die Gründe für die soziale Explosion zu hinterfragen: soziale Ausgrenzung, Bildungsdefizit, Arbeitslosigkeit. Aus dieser Perspektive war der Dezember 2008 also nur ein kurzer Vorausblick auf die nachfolgende soziale und wirtschaftliche Krise. Eine Krise der Demokratie an sich.

Regierungen, Banken, Medieninhaber: Das Dreieck der Sünde

Betont werden muss, dass bislang keine der dominanten Medienunternehmen, die Fernsehsender besitzen, irgendetwas für die Nutzung der öffentlichen Frequenzen bezahlt hat. Vielmehr sind diese Medienunternehmen eine Quelle qualitativ minderwertiger Nachrichten, und sie sind eng mit privaten Geschäftsplänen und staatlichen Kapitalanlagen verknüpft. Es ist kein Zufall, dass vier der größten griechischen Fernsehstationen ReederInnen bzw. Bauunternehmer­Innen gehören, die auch die Aufträge für alle größeren staatlichen Bauprojekte erhalten. SYRIZA hat diese Konstellation schon öfters als ein „Dreieck der Sünde“ bezeichnet, das sich aus den zwei ehemaligen Großparteien (PASOK und Neue Demokratie), aus Fernsehstationen und Banken zusammensetzt. Die Sache funktioniert so: Die Regierung begünstigt die Banken auf vielerlei Arten, die Banken gewähren den Eignern der Fernsehstationen und deren Unternehmen Kredite, und im Gegenzug unterstützen die Fernsehstationen die Regierung. Diese Verflechtungen haben zu einem eklatanten Mangel an Demokratie geführt – und eine große Zahl der Griech­Innen teilt diese Ansicht.
SYRIZA vertritt klare Positionen in diesem Themenbereich: Alle Fernsehstationen, die öffentliche Frequenzen zur Ausstrahlung ihrer Signale nutzen, müssen dafür eine Konzession erwerben. Ein demokratischer und starker nationaler Fernseh- und Radiorat ist ein unabdingbarer Parameter in dieser Entwicklung. Zu den wichtigsten Aufgaben einer linken Regierung gehört es,  diese Auswüchse, die von früheren Regierungen verschuldet und im eigenem Interesse ausgenutzt wurden, zu bekämpfen und die damit verbundenen Privilegien abzuschaffen.

* In der Kommunikationswissenschaft beschreibt der Begriff „framing“, auf welche Art Nachrichtenberichterstattung die öffentliche Meinung beeinflusst. So beziehen sich so genannte „framing effects“ auf verhaltens- oder einstellungsbezogene Auswirkungen, die darauf basieren, auf welche Weise eine bestimmte Information im öffentlichen Diskurs wiedergegeben – „eingebettet“ –  wird.