Perspektiven einer progressiven Donauraum- und Mitteleuropastrategie

Ende Oktober 2018 veranstaltet transform! europe eine Konferenz zum kritischen Disput über Otto Bauers Schrift „Die österreichische Revolution“.

In diesem 1923 erschienenen Werk, das derzeit erstmals in vollem Umfang ins Englische übersetzt wird, erörterte Bauer die sozialen und demokratischen Umbrüche des Jahres 1918. Wir wollen nun ausgehend von seinen Überlegungen zeitgenössische politische Entwicklungen in Europa diskutieren und in „revolutionärer Kleinarbeit“ (Otto Bauer, 1928) eine weitere Brücke zwischen politischer Tagesarbeit und wissenschaftlichen Erkenntnissen bauen. In Hinblick auf das Republiksjubiläum und die zeitgleich stattfindende EU-Ratspräsidentschaft Österreichs stehen Themen wie Bauers Transformationstheorien und seine Auseinandersetzung mit der „nationalen Frage“, die angesichts eines wiedererstarkenden Nationalismus höchste Aktualität erhalten haben, im Mittelpunkt.

Die Tagung will insbesonders die Zusammenarbeit in den Ländern des Donauraums und Mitteleuropas stärken. Im Fokus steht die Erörterung des Austromarxismus als gemeinsamer wissenschaftlicher Bezugspunkt und Referenzrahmen für aktuelle Strategiediskussionen.

Wir widmen uns in historisch-politischer Reflexion gegenwärtigen sozioökonomischen Fragestellungen und deren Auswirkungen auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt. So können etwa Parallelen zwischen Österreich in den 1920ern und dem heutigen Griechenland gezogen werden: Wie Österreich damals durch die Völkerbundanleihe, so ist nun Griechenland durch EZB und IWF in seiner (finanzpolitischen) Souveränität eingeschränkt. Beide Maßnahmen hatten/haben wesentlichen Einfluss auf die parteipolitische und demokratische Entwicklung jener Länder.

Das Zusammenleben der Menschen in Europa – damit nationale Fragen ebenso wie die Perspektiven einer transnationalen Demokratie – unterliegt zurzeit ähnlichen autoritären Bewältigungsstrategien der kapitalistischen Krise wie in der Zwischenkriegszeit. transform! europe unternimmt mit dieser Konferenz den Versuch, eine progressive Donauraum- und Mitteleuropastrategie zu erarbeiten, die eine Antithese zur konservativ-autoritären Visegrád-Gruppe darstellt, und lädt zur Einreichung von wissenschaftlichen Beiträgen ein, die folgende Fragen und Themen aufgreifen:

  • Wie zweckmäßig sind austromarxistische Theorie und Praxis für eine zeitgenössische progressive Strategie? Was kann aus der Geschichte von Otto Bauers „drittem Weg“ oder dem „historischen Kompromiss“ gelernt werden? Was muss verlernt werden?
  • Welchen Nachhall hat(te) der Austromarxismus in der europäischen Linken, insbesondere in den Ländern des Donauraums und Mitteleuropas? Wie kann eine geteilte Wissenstradition zum Aufbau einer gemeinsamen Strategie beitragen?
  • Welche Rolle können Parteien heute in/gegenüber revolutionären Bewegungen einnehmen?
  • Was sagt der Austromarxismus (nicht) zur Geschlechterdemokratie? Welche Grundlagen gibt es für eine austromarxistische feministische Theorie und Praxis?
  • Welche Form der „revolutionären Kleinarbeit“ benötigen progressive Kräfte heute? Welche Rolle kommt Gewerkschaften, Assoziationen und sozialen Bewegungen dabei zu?
  • Wie bearbeitete der Austromarxismus Fragen der internationalen Zusammenarbeit? Was ist aus ihnen für die gegenwärtige europäische Gesellschaft zu gewinnen?

Organisatorisches

Datum: 30. und 31. Oktober 2018, anlässlich der Ausgabe des StGBl. No. 1/1918 als Republiksgründungsdokument

Ort: Brick 5, 1150 Wien

Konferenzsprachen: Englisch und Deutsch mit Simultanübersetzungen

Kostenübernahme: Die Veranstalter_innen übernehmen Reise- und Aufenthaltskosten. Prekär beschäftigte Wissenschafter_innen erhalten zudem ein Vortragshonorar in der Höhe von EUR 400,-

Bei Bedarf wird während der Konferenz Kinderbetreuung angeboten.

Wir ersuchen bis 15. März 2018 um Zusendung von Abstracts im Umfang von etwa 3.000 Zeichen an office@transform-network.net. Die Rückmeldung und allfällige Einladung zur Konferenz erfolgt bis Ende April 2018.