Kein friedliches Klima

Image: Environmental Damage during the Iraq war. Source: United Nation Photo via flickr

Die deutsche Umweltpolitikerin Didem Aydurmuş (DIE LINKE) betont, dass der Klimawandel einen Kriegsauslöser darstellt, sich Kriege gleichzeitig fatal auf das Klima auswirken und unterstreicht die Bedeutung, die der dauerhaften Friedenskonsolidierung zukommt.

Derzeit wird auf der Welt in etwa zehn aktiven Kriegen gekämpft und viele Staaten investieren gewaltige Geldsummen in die Aufrüstung ihrer Waffenarsenale. Daher muss beim Thema Klimawandel und Umweltzerstörung die Rüstungsindustrie klar einbezogen werden. In einer Welt, in der die sogenannten „Grünen Parteien“ an der Rüstungsindustrie teilhaben und fallweise auch deren Sprache sprechen geht dieser Zusammenhang oft verloren. Dieser Text versucht nicht, das immense menschliche Leid herabzusetzen, das Kriege direkt verursachen. Während es genügend Gründe gibt, sich auch ohne diesen Aspekt für den Frieden einzusetzen, bringt Umweltzerstörung durch Kriege dennoch eine weitere indirekte Dimension in die Diskussion ein. Klimaneutralität kann nur durch Frieden und Zusammenarbeit auf internationaler Ebene erreicht werden. 

Kriege weisen einen enormen ökologischen Fußabdruck auf und das Greenwashing, das in diesem Zusammenhang betrieben wird, erreicht ein unfassbares Ausmaß. Ein Beispiel für einen besonders blamablen Greenwashing-Versuch ist die Produktion elektrischer Panzer in Flensburg. Die Herstellung solcher Panzer verschlingt enorme Ressourcen und das gesamte Konzept eines „E-Panzers“ stellt eine Verhöhnung der Klimabewegung dar, die historisch ganz klar der Teil der Friedensbewegung war. CO2-neutrale Kriege sind eine Fantasie ohne jegliche wissenschaftliche Grundlage. Auch wenn ein Panzer auf klimaneutrale Weise hergestellt werden kann, ist der dennoch ein Instrument der Zerstörung. Im Krieg werden immer auch zivile Gebäude zerstört, deren Wiederaufbau neue Ressourcen verschlingt. 

Der exakte ökologische Fußabdruck der Militärapparate ist unklar. Die US-Armee allein wäre mit seinen Emissionen unter den Top 10 der größten globalen Umweltverschmutzer, wäre es ein Staat. Das bedeutet, dass man davon ausgehen kann, dass die gesamte Kriegsmaschinerie – auch ohne die Kosten, die durch verursachte Zerstörung entstehen – zu den größten Verursachern des Klimawandels gehört und dass in diesem Bereich keine Aussichten auf Klimaneutralität bestehen. Der neue Kurs Deutschlands ist hier beispielhaft, da das Land lange stolz auf seine Pionierrolle im Kampf gegen den Klimawandel war. Während Deutschland auch heute noch seinen Status als umweltbewusster Staat genießt, zeigt die Realität ein anderes Bild: Wie man das Übereinkommen von Paris zum Klimaschutz einhalten will, während man gleichzeitig der NATO-Empfehlung Folge leistet, dass 2% des BIP für Rüstungsausgaben aufgewendet werden sollen, ist mehr als unklar, weil die aktuelle Regierung keine grüne Strategie vorzuweisen hat – somit ist würde das Übereinkommen von Paris verunmöglicht. Entweder halten wir uns an letzteres, das rechtlich bindend ist, oder an das nicht-bindende 2%-Ziel. Ein Kompromiss wäre absurd. Diese Tatsache geht auch aus den Antworten auf eine parlamentarische Anfrage der LINKEN hervor, die ernste Zweifel daran säen, ob man das überhaupt versucht. 

Die deutsche Regierung konnte die Frage „Mit welcher Entwicklung des jährlichen Energieverbrauchs und der Energiekosten bei der Bundeswehr rechnet die Bundesregierung im Rahmen der Erreichung des Zwei-Prozent-Ziels der NATO?“ nicht beantworten. Ebenso sprach sie das Ziel des klimaneutralen Treibstoffes an und sagte, dass dies nur teilweise zu erreichen sei, ignoriert aber fast durchwegs, dass allein die Produktion von Panzern, Drohnen etc. mit enormen Umweltkosten verbunden ist. Es wurde schlicht keine Antwort auf die Frage nach dem ökologischen Fußabdruck der Produktion gegeben. Es wurde vielmehr darauf hingewiesen, dass die produzierenden Unternehmen nicht dazu verpflichtet seien, über ihre Ressourcenaufwendung Auskunft zu erteilen, sondern dass es sich dabei um freiwillige Informationen handelt, die den herstellenden Unternehmen Marktvorteile bringen könnten. Auch die Frage nach dem Energieaufwand für den aktiven Dienst blieb gänzlich unbeantwortet. Es liegt nahe, dass die Bundeswehr diese Statistiken absichtlich nicht erstellt. Besonders, da das US-Verteidigungsministerium bereits in den 1980ern über den Klimawandel Bescheid wusste. Und wenn wir uns Schätzungen von Expert:innen ansehen, wird das Argument der vorsätzlichen Unwissenheit noch stärker. 

Mike Berners-Lee schätzt die direkten Emissionen des Irak-Kriegs (2003-2009) auf 250–600 Mio. t CO2[1]. Das entspricht etwa dem kompletten Ausstoß Großbritanniens über acht Monate hinweg. Die direkten Kosten lassen sich klarerweise nicht leicht berechnen und die Methodologie bietet auch keine fundierte Schätzung der indirekten Kosten. Es kann jedoch angenommen werden, dass die aktuelle Kriegsführung auch nicht klimafreundlicher ist. Tatsächliche Zahlen sind rar, wir können nur spekulieren. Es lässt sich jedoch sagen, dass jeder Dollar in Militärausgaben höhere Emissionen zur Folge hat, als die meisten anderen Ausgaben. Wenn sich die durchschnittlichen deutschen Emissionen auf etwa 0,18 kg pro Dollar belaufen, würden die Emissionen der Bundeswehr 2021 mindestens 9,1 Mio. t pro Jahr ausmachen[2]. Das zusätzliche Militärbudget von 100 Mrd. Euro als Reaktion auf die russische Invasion würde somit mindestens 19,34 Mio. t zusätzlich produzieren. Die Zahlen sind verheerend, wie auch die vorhersehbaren Folgen. Adieu, bewohnbarer Planet! Deshalb müssen wir die Regierungen zur Kompatibilität des 2%-Ziels mit dem Übereinkommen von Paris immer wieder befragen. 

Der Klimawandel selbst stellt auch einen Auslöser für Kriege dar[3]; gleichzeitig belasten Kriege das Klima so schwer, wie wenig Anderes. Es ist daher wichtiger denn je, sich für die Friedenskonsolidierung einzusetzen. Der Einsatz von Waffen führt zu einer Spirale des Leides. Nachhaltigkeit braucht Frieden mehr als je zuvor. Klimapolitik kann auch eine Gelegenheit darstellen, die Rolle der Friedenspolitik neu zu definieren, die – nachdem sie vergessen worden war – im letzten Jahr enorm unter dem einseitigen Diskurs der Machtpolitik gelitten hat.

Eine Anmerkung der Autorin:
Es ist respektlos, Vergleiche zwischen den Kriegsopfern und den Menschen anzustellen, die durch den Klimawandel leiden und sterben, besonders da Krieg und Klimawandel zusammenhängen. Es gibt keinen Beweis dafür, dass größere Militärmächte mehr zur Friedensstiftung beitragen – das Gegenteil scheint eher wahr zu sein, auch wenn Umweltverschmutzung keinen Faktor darstellen würde.

Quellenverweise:

[1] Berners-Lee, Mike (2010): How Bad are Bananas? The Carbon Footprint of Everything, 169f.
[2] S. Verteidigungsministerium 2023. Bundesministerium für Verteidigung; www.bmvg.de
[3] Lagi, M., K. Z. Bertrand und Y. Bar-Yam (2011). The Food Crises and Political Instability in North Africa and the Middle East.