Italien: Die Rechte hat gewonnen, aber das System bleibt instabil

Das Ergebnis der italienischen Wahlen vom 25. September bestätigte viele der in den Meinungsumfragen gemachten Prognosen. Das Rechtsbündnis erhielt 44% der Stimmen; innerhalb dieser Koalition gewann die Partei mit der radikalsten Tradition, Giorgia Melonis Fratelli d’Italia, mit 26%.

Mit diesem Wahlergebnis ist es unausweichlich, dass der Palazzo Chigi, der Sitz der italienischen Regierung, zum ersten Mal die Partei beherbergt, die die neofaschistische Tradition fortführt. Fratelli d’Italia (FdI) wurde 2012 als Abspaltung von Popolo della Libertà gegründet, die aus der Vereinigung von Forza Italia (der von Silvio Berlusconi gegründeten und geführten Partei) und Alleanza Nazionale (einer Weiterentwicklung des bereits bestehenden Movimento Sociale Italiano, in der sich Veteran:innen des Faschismus und Nostalgiker:innen zusammengeschlossen hatten) hervorgegangen war.

Eine Minderheit der Parteiführung der Alleanza Nazionale vertrat die Ansicht, dass das historische Erbe der extremen Rechten Italiens in einer Partei, die wie ein Unternehmen strukturiert ist und in der die Kontrolle Berlusconis nicht in Frage gestellt werden kann, endgültig ausgelöscht worden sei. Darüber hinaus lehnte Melonis neue / alte Partei jede Form des Bündnisses mit der „Linken“ (die mit der Partito Democratico, PD, gleichgesetzt wird) ab, auch wenn dies durch die Notwendigkeit gerechtfertigt wäre, die tiefe Krise der öffentlichen Verschuldung zu bewältigen, die 2010/2011 offensichtlich wurde.

Die FdI hat diese oppositionelle Haltung gegenüber den verschiedenen Regierungen seit der Ablösung Berlusconis durch den Technokraten Mario Monti stets beibehalten, auch wenn es intern einen gewissen Impuls gab, sich an der ersten Regierung Conte zu beteiligen, die von der Lega und den Fünf Sternen gestellt wurde, und auch die Regierung Draghi zu unterstützen.

Meloni hat die verschiedenen Unzufriedenheitsbekundungen innerhalb der rechten Wähler:innenschaft genutzt und es geschafft, Unterstützung vor allem seitens ihrer Koalitionspartner:innen zu erhalten: Von Matteo Salvinis Lega und Berlusconis Forza Italia, die beide aus den Wahlen vom 25. September stark geschrumpft hervorgingen. Während die 8 % für die Partei, die immer noch von ihrem alten Vorsitzenden dominiert wird, fast als Erfolg gewertet werden können, der ihren anhaltenden Abwärtstrend verlangsamt, wenn auch nicht umkehrt, kann das etwas höhere Ergebnis der Lega als abrupte Niederlage angesehen werden, vor allem, weil es in einigen ihrer nördlichen Hochburgen, wie z. B. in Venetien, besonders signifikant niedrig war.

Meloni versuchte, sich als konservative Kraft zu präsentieren, ohne jedoch jemals offen ihre Wurzeln in der Geschichte des italienischen Neofaschismus zu verleugnen. Vielmehr demonstrierte sie bei mehreren Gelegenheiten die Kontinuität mit letzterem, indem sie das Flammensymbol des Movimento Sociale Italiana beibehielt. Damit signalisierte sie, lange nach dem katastrophalen Zusammenbruch des Mussolini-Regimes, den Wunsch nach seinem Wiederaufstieg. Außerdem verherrlicht sie weiterhin die Gestalt von Giorgio Almirante, der viele Jahre lang MSI-Führer war und stets das Ideal des Faschismus hochhielt.

Anstatt den Faschismus abzulehnen (abgesehen von seinen gänzlich unhaltbaren Aspekten wie der Einführung antisemitischer Gesetzgebung), hat Meloni ihn einfach der Geschichte überantwortet. Ähnlich möchte sie auch mit dem Antifaschismus verfahren, über den die FdI nie ein gutes Wort verloren hat. Ganz im Gegenteil; sie zeigte sich stets feindselig gegenüber seinen symbolischen Manifestationen, die die italienische Republik mit den Werten des Widerstands verbinden.

Der FdI ist es gelungen, bei den Wahlen verschiedene gesellschaftliche Strömungen für sich zu gewinnen, die offensichtlich über jene Milieus hinausgehen, die offen nostalgisch mit dem faschistischen Regime verbunden sind: Zu ihren Themen gehören sozialer Konservatismus, Fremdenfeindlichkeit und Angst vor den Auswirkungen der Einwanderung (die zum Teil kunstvoll geschürt wird), Forderungen nach „Recht und Ordnung“, Klerikalismus und Euroskepsis. Klassische rechte Anti-Steuern-Proklamationen haben der FdI die Unterstützung eines Teils der kleinen und mittleren Unternehmen, der Handwerker:innen und der Ladenbesitzer:innen eingebracht. Und das gelang ihr mit Bekenntnissen zu liberalistischen Glaubenssätzen, die auf dem Primat des Unternehmens beruhen, das nach angeblich jahrzehntelanger Unterjochung durch „Bürokratie und Hindernisse“ (darunter die vermeintlich ausufernden Rechte der Arbeitnehmer:innen) befreit werden muss.

Der Erfolg der FdI wurde durch zwei Besonderheiten des politischen Systems Italiens begünstigt: das Mehrheitswahlrecht, das sich die PD vor fünf Jahren ausdrücklich gewünscht hatte, um dem Siegeszug der Fünf-Sterne-Bewegung Steine in den Weg zu legen, und die vielfältige Zusammensetzung der Rechtskoalition seit ihrem Entstehen nach dem Zusammenbruch der historischen Parteien der italienischen Demokratie. Diese Koalition, die sich im Wesentlichen auf drei Parteien stützt, hat sowohl die Veränderung des Kräfteverhältnisses zwischen ihren Komponenten als auch den Wechsel an der Spitze überstanden. Der Rückgang der Popularität Berlusconis öffnete Raum für den Aufstieg Salvinis, der durch eine lange Reihe politischer Fehler seiner Beliebtheit schnell Schaden zufügte, was zu einer Verschiebung der Stimmen zugunsten Melonis führte. Die Wahlergebnisse zeigen nicht so sehr eine Ausweitung der Zustimmung zur Rechten insgesamt, sondern vielmehr eine Verschiebung innerhalb der Rechten und ihre offensichtliche Radikalisierung nach rechts.

Für die zukünftige rechte Regierung zeichnet sich ein sehr kompliziertes Szenario ab. Die Auswirkungen der zahlreichen Krisen, die sich derzeit ereignen, verbinden sich mit den spezifischen Merkmalen des italienischen Kapitalismus. Letzterer bewahrt zwar einerseits eine gewisse Vitalität der auf kleinen und mittleren Unternehmen basierenden Industriesektoren, zeigt aber andererseits eine langfristige Tendenz zur Stagnation, für die vor allem die Arbeiter:innenklasse in Bezug auf Rechte und Löhne bezahlen werden muss.

Mit der Bestätigung einer grundsätzlich systemfreundlichen Linie auf wirtschaftlicher und finanzieller Ebene sowie der Unterstützung der NATO bei der Lieferung von Waffen in die Ukraine ist es möglich, dass sich die soziale Lage in den nächsten Monaten schnell zu verschlechtern droht. Dadurch wird sich die nächste Regierung möglicherweise vor allem auf Identität und Werte betreffende Fragen konzentrieren – und auf das Anprangern der Verschwörung der „Mächtigen“ und des ethnischen „Bevölkerungsaustauschs“ unter der Führung des Wucherers Soros (eine Formulierung, die Meloni selbst vor einigen Jahren verwendet hat). Solche Ideen werden von der FdI propagiert, auch wenn diese „Mächtigen“ während des Wahlkampfs eine große Bereitschaft vermittelt hatten, eine künftige Meloni-Regierung bereitwillig zu akzeptieren.

Das Verhältnis zur EU ist komplexer. Italiens extreme Rechte betrachtet die supranationale Dimension des europäischen Projekts zwar mit einer gewissen Feindseligkeit, steht den Erfordernissen des "freien Marktes" jedoch eher wohlwollend gegenüber, daher werden die wirtschaftlichen und finanziellen Zwänge eine gewisse Vorsicht gebieten. Dies ist ein Balanceakt – jedoch einer, den etwa die polnische Rechte (mit der die FdI eng verbunden ist) recht geschickt zu bewältigen weiß.

Die Niederlage des Partito Democratico

Mit etwa 19 % der Stimmen erreichte die PD das gleiche Ergebnis wie vor vier Jahren, als sie von Matteo Renzi geführt wurde. In Anbetracht des starken Rückgangs der Wahlbeteiligung bedeutet dies einen kontinuierlichen Verlust an Wähler:innen. Da die Wahl 2018 als schwere Niederlage gewertet wurde, kann die jetzige Wiederholung nur als weiterer Misserfolg der Partei gewertet werden.

Die PD trat zu den Wahlen an, nachdem sie mit der Partei gebrochen hatte, die ihre wichtigste Partnerin in einer möglichen Koalition hätte sein sollen – der Fünf-Sterne-Bewegung von Giuseppe Conte. Nur dieses Bündnis hätte gegen die Rechtskoalition konkurrenzfähig sein können. Die PD akzeptierte weder die Entscheidung der Fünf Sterne, sich auf eine kritische Debatte mit der Regierung Draghi einzulassen, noch die zaghafte Distanzierung von der massiven militärischen Unterstützung für die Ukraine, die von der NATO gewünscht und von der EU akzeptiert wird.

Der zweite potenzielle Verbündete war der neue zentristische Pol, der von Carlo Calenda gebildet wurde, einem ehemaligen Minister und Abgeordneten des Europäischen Parlaments, der über die PD-Liste gewählt wurde. Dieses Bündnis stützte sich auf die Kontinuität von Draghis Politik und auf eine stark zentristische und liberale programmatische Vereinbarung. Die Vereinbarung scheiterte (vielleicht auch aus opportunistischen Motiven von Calenda), als der PD-Vorsitzende Letta eine andere Vereinbarung mit dem Bündnis aus Grünen und Sinistra Italiana (Verdi-SI) unterzeichnete, deren erklärtes Ziel es schlicht war, die Stimmen für das Drittel des Parlaments, das nach dem Mehrheitswahlrecht gewählt wurde, in einer einzigen Liste zu bündeln, die sich einfach gegen die Rechte stellen sollte.

Die letztgenannte Vereinbarung, die keine Änderung der programmatischen Ausrichtung erforderte, war nicht unumstritten, denn als Letta öffentlich erklärte, er wolle nicht mit Verdi-SI regieren, behauptete Angelo Bonelli (Grüne), er wolle sich mit seinen eigenen Minister:innen an einer möglichen Regierung unter Führung der PD beteiligen.

Das Ergebnis dieser Manöver war die Bildung einer Koalition um die PD herum mit der Partei +Europa auf der rechten Seite, die von Emma Bonino angeführt wird – die nicht nur für verstärkte europäische Integration eintritt, sondern auch ultraliberale Positionen vertritt und den Atlantismus eisern unterstützt – sowie einer kleinen und kaum relevanten zentristischen Abspaltung (Impegno Civico) der Fünf Sterne und auf der linken Seite mit der Verdi-SI, die traditionell als fester Bestandteil eines traditionellen Mitte-Links-Bündnisses angesehen wird.

Angesichts des neuerlichen Wahlerfolges der Fünf Sterne versuchte der PD-Vorsitzende einen programmatischen Schwenk nach links, indem er beispielsweise versprach, das Arbeitsgesetz überarbeiten zu wollen (ein von der PD selbst befürwortetes Gesetz, das viele Arbeitnehmer:innen in die Prekarität drängt), was sich jedoch als nicht sehr überzeugend erwies. Auch die vorgeschobene Berufung auf den Antifaschismus oder die Schauergeschichten, dass ein Italien unter Meloni dazu bestimmt sei, Putin zum Opfer zu fallen, brachten nicht viel – Argumente, die vor allem dazu dienten, einer Bilanz der PD-Politik der letzten zehn Jahre auszuweichen, in denen sie fast immer eine führende Rolle in der Regierung gespielt hatte.

Das Problem der PD hat jedoch nicht nur mit Wahltaktiken oder Fehlern ihres Vorsitzenden zu tun (die Partei hat schon viele Führungswechsel ohne nennenswerte Auswirkungen erlebt), sondern auch mit dem Wesen der Partei als Sammelbecken, das das gesamte Wahlspektrum der linken Mitte abdecken soll.

Fast alle der Partei zugrundeliegenden Prämissen haben sich als falsch erwiesen, angefangen bei der Konsolidierung nicht nur eines bipolaren, sondern eines auf einem Mehrheitswahlsystem basierenden Zweiparteiensystems, sowie auch beim Erfolg einer wirtschaftlichen Globalisierung, die dazu beigetragen hat, die Unterstützung für eine fortschrittliche Politik auf der Ebene der Bürger:innenrechte zu konsolidieren, während sie im wirtschaftlichen Bereich liberalistisch und wirtschaftsfreundlich war.

Die PD ist allmählich zur Partei der oberen Mittelschicht und der Sektoren mit sozialer Absicherung geworden, einem Teil der Gesellschaft, der anstatt quantitativ zu wachsen und seine soziale Vormachtstellung zu behalten, kontinuierlich schrumpft. Darüber hinaus hat der Ehrgeiz der Partei, die unangefochtene führende Kraft einer Mitte-Links-Koalition zu sein (im Gegensatz zum pluralistischen Charakter der Rechtskoalition), zu einer kontinuierlichen Schrumpfung der Kräfte geführt, die ihre potenziellen Verbündeten sind. Wenn das Ziel, die Mitte-Links-Koalition zu dominieren, die Marginalisierung und Niederlage der radikalen Linken begünstigt hat, so ist dies weder gegenüber den Fünf Sternen noch, in geringerem Maße, den neozentristischen Parteien gelungen. Die PD, eine Partei, die mit dem Ehrgeiz gegründet wurde, alles zu sein, sieht sich mit dem Dilemma konfrontiert, dass sie genau das in Frage stellen muss, was ihre Gründung motiviert hat.

Die Fünf-Sterne-Bewegung

Die Fünf-Sterne-Bewegung, eine populistische Partei mit zweideutigem Inhalt und großem Erfolg, hat zahlreiche Metamorphosen durchlaufen. Aus ihrer Zersplitterung sind verschiedene kleine Gruppen hervorgegangen, die versucht haben, das eine oder andere der ursprünglichen Themen der Bewegung aufzugreifen, z. B. die Idee, aus dem Euro auszutreten. Ein anderer Teil hat versucht, „normal“ zu werden, indem er sich in die Politik des Establishments einreihte, die die Partei ursprünglich bekämpfen wollte, aber auch in diesem Fall ist es diesem Teil nicht gelungen, einen eigenen politischen Raum zu finden.

In der Zwischenzeit ist ein Teil der Wähler:innenschaft, die sich der von Beppe Grillo gegründeten Bewegung angeschlossen hatte und ursprünglich von rechten Parteien kam, zu ihrer ursprünglichen Ausrichtung zurückgekehrt. Die Veränderung der Parteizusammensetzung, die im Wesentlichen die Fraktionen widerspiegelt, hat dazu geführt, dass vor allem die „progressiv“ orientierten Wähler bei den Fünf Sternen geblieben sind. „Progressiv“ ist im Übrigen das Wort, das der Parteivorsitzende Giuseppe Conte, ehemaliger Regierungschef von zwei Regierungen mit unterschiedlichem Profil, verwendet, um die Agenda der Partei zu bezeichnen; er zieht es dem Wort „links“ vor.

Conte versuchte im Wahlkampf als beruhigender Manager der Pandemie ein populistischeres Bild zu vermitteln, das der traditionellen Identität der Partei entspricht, deren politischer Führer er fast beiläufig, aber dennoch gekonnt wurde. Er lehnte jedoch Vorschläge ab, eine breitere Koalition links der PD ins Leben zu rufen; ein Projekt, das auch durch die Weigerung der Grünen und der Sinistra Italiana, diesen Weg zu gehen, erschwert wurde.

Die Fünf-Sterne-Bewegung präsentierte sich den Wähler:innen als Hauptbefürworterin eines „Bürger:inneneinkommens“ (reddito di cittadinanza), das es einem breiten, von Armut betroffenen Teil der Bevölkerung ermöglicht, die Auswirkungen der Krise zu bewältigen. Dadurch konnten die Fünf Sterne in den südlichen Gebieten, in denen Armut und Arbeitslosigkeit am weitesten verbreitet sind, wichtige Unterstützung erhalten. Die Bewegung, die inzwischen die Form einer Partei angenommen hat, aber im Wesentlichen eine Ansammlung institutioneller Komponenten ohne große Basis bleibt, hat sich auch teilweise von der kriegstreiberischen Rhetorik gegenüber der Ukraine distanziert, auch wenn sie keinen wirklichen Bruch mit dieser in Form von Taten vollzogen hat. Auf diese Weise hat sie zumindest teilweise eine pazifistische Einstellung oder einen Zweifel an den möglichen katastrophalen Folgen des Konflikts zum Ausdruck gebracht, eine Einstellung, die in der öffentlichen Meinung Italiens nach wie vor weit verbreitet ist.

Mit einem Stimmenanteil von etwa 15 % hat die Fünf-Sterne-Bewegung, obwohl sie 2018 weit mehr als die Hälfte ihrer Wähler:innen verloren hat (von denen einige zu Nichtwähler:innen wurden), bestätigt, dass es einen Teil der Wähler:innenschaft gibt, der links orientiert ist, aber kein Vertrauen in die PD hat. Das politische Profil der Partei von Conte bleibt jedoch fließend und widersprüchlich und könnte sich in verschiedene, sogar gegensätzliche Richtungen bewegen. Das Vorhaben, den Abwärtstrend der Fünf Sterne aufhalten und umkehren zu können, konnte auf jeden Fall vorerst erreicht worden. Entscheidend für die Zukunft der Partei wird die möglicherweise bevorstehende Auseinandersetzung mit der neuen Regierung über das Bürger:inneneinkommen sein, das von Melonis Partei vehement bekämpft wird.

Die radikale Linke

Im Parlament konnte sich die Fraktion der Grünen (Europa Verde; war viele Jahre lang nicht in den Institutionen vertreten) und die Sinistra Italiana nach verschiedenen Fusionsversuchen und wiederum anschließenden Spaltungen durchsetzen, indem sie den Teil der Rifondazione Comunista, der die Rolle der linken Flanke der PD spielen wollte, in einem Bündnis zusammenführte, der AVS (Alleanza Verdi e Sinistra). Diese Liste nimmt zu einem großen Teil den Platz ein (etwas mehr als 3 %), den 2018 Liberi e Uguali (LEU) innehatte, eine Formation, in der eine Abspaltung der PD aufgegangen war und die nun auf dem Weg ist, in ihre ursprüngliche Heimat zurückzukehren. In den letzten Jahren durchlebte die LEU diverse Spaltungen in verschiedene Richtungen.

Bislang hat die Idee, eine linke Sektion der linken Mitte zu bilden, zwar eine, wenn auch minimale institutionelle Präsenz gewährleistet, aber weder ein stabiles politisches Projekt noch eine nennenswerte Ansammlung sozialer Komponenten hervorgebracht. Auch auf lokaler Ebene, wo dieses Bündnis zwar einen gewissen Wahlerfolg verzeichnen konnte (wie etwa in der Emilia-Romagna) hat es nicht bewiesen, die vorherrschende Politik der PD beeinflussen zu können. Es wurde damit jedoch mit Sicherheit schwieriger, eine Linke zu konstruieren, die nicht subaltern zur liberalen Hegemonie ist, ohne auch nur das minimal erklärte Ziel zu erreichen: die Machtübernahme der radikalen Linken in Italien zu verhindern.

Die Linke, die ein Bündnis mit der PD angesichts der inzwischen unüberbrückbaren Distanz in Fragen des Programms und der gesellschaftlichen Basis für unmöglich hält, kandidierte auf der Liste der Unione Popolare. Sie wurde im Juli 2022 um den Ex-Bürgermeister von Neapel, Luigi De Magistris, ins Leben gerufen. An der Liste beteiligten sich die Rifondazione Comunista, Potere al Popolo, DemA (ein Experiment, das aus den Erfahrungen in der Gemeinde Neapel hervorging), ManifestA (gegründet von Parlamentarier:innen, die die Fünf Sterne Richtung links verlassen haben), intellektuelle Gruppen und andere soziale Akteur:innen. Das Ergebnis von 1,4 % in der Camera dei Deputati (Unterhaus) bleibt sicherlich hinter den Erwartungen zurück, obwohl es in absoluten Zahlen einen kleinen Zuwachs im Vergleich zur Liste von 2018 bedeutet.

Durch den Bruch der Fünf-Sterne-Bewegung mit der PD und der Wiedererlangung der Glaubwürdigkeit der Fünf Sterne innerhalb der Linken gelang es der Unione Popolare kaum, einen Teil der desillusionierten Wähler:innenschaft der von Grillo gegründeten Bewegung zu mobilisieren. Durch die immer noch geringe Präsenz der Unione Popolare in den Regionen und generell in der Gesellschaft gelang es ihr nicht einmal, zumindest einen Teil der neuen Nichtwähler:innen zu überzeugen.

Die Unione Popolare hat jedoch bewiesen, effizienter in der Programmentwicklung vorzugehen und die sozialen Medien besser für sich zu nutzen. Die Aussagen der Bündnispartner:innen nach der Wahl deuten auf den gemeinsamen Wunsch hin, dieses Bündnisprojekt fortzusetzen – besonders angesichts der Tatsache, dass das politische System und die öffentliche Meinung keineswegs stabilisiert wurden, was neue Chancen eröffnen kann, die natürlich durch geeignete politische Vorschläge genutzt werden müssen.