Griechische Wahlen: Ein Klima der extremen politischen Polarisierung

Es ist offenkundig, dass wir uns inmitten einer Übergangsperiode befinden, aus der heraus ein neues Gleichgewicht entstehen wird, das auf die intensiven politischen und sozialen Konflikte folgt. 
Was in den Neuwahlen am Spiel steht, ist die politische Regelung der Krise. Anders ausgedrückt: die weitere Umsetzung desselben Austeritätsprogrammes, das seit nunmehr zwei Jahren im Inneren sowohl Griechenlands als auch Europas die Entwertung vorantreibt. Die potentielle Überwindung dieses Programms in einem einzigen Land wird der Arbeiter­Innenbewegung und den linken politischen Organisationen in ganz Europa Auftrieb verleihen.
Eine solche Umwälzung könnte sehr wohl ein Beispiel dafür sein, wie eine politische TINA (There Is No Alternative)-Logik, die behauptet, dass der Ausweg aus der Krise nur auf Kosten der Rechte der arbeitenden Menschen erfolgen könne, widerlegt werden kann. Zwei Jahre lang hat die politische Linke in Griechenland die Überzeugung vertreten, dass ein alternativer Weg existiert. Dies ist ein Weg, der den Bedürfnissen der Gesellschaft Priorität einräumt anstatt der Spekulation des Kapitals und den sich daraus ergebenden Privilegien, an die letzteres gewöhnt ist. Wir können nicht weiter in einem Land leben, in dem ein/e Angestellte/r mit zwei Kindern Einkommenssteuer in Höhe von 37,8% zahlt, während ein AG-Unternehmen nur 20% Steuer zahlt – ein Steuersatz, der noch dazu erneut (und zwar auf 15%) gesenkt werden soll.  
Eines ist sicher: Die bevorstehenden Wahlen werden in einem Klima der extremen gesellschaftlichen und politischen Polarisierung stattfinden. Das Bündnis der Radikalen Linken war und ist noch immer Ziel eines wütenden Angriffs, der von allen politischen Kräften und den Medien gegen es geführt wird, insbesondere von jenen, die organisch mit den großen Bau- und Schifffahrtskonzernen verbunden sind. Eines der Hauptziele dieses Angriffs war es, das Wahlergebnis zu manipulieren. Die Mehrzahl der politischen Kräfte versuchte das Bündnis der Radikalen Linken in die Bildung einer Koalitionsregierung einzubeziehen, indem sie ihm in Aussicht stellte, dass bestimmte Teile des Memorandums neu verhandelt würden und es nach zwei Jahren ohnehin aufgekündigt würde. Dies wäre jedoch einer Manipulation des Wahlergebnisses insofern gleichgekommen, als das Bündnis der Radikalen Linken unter der Prämisse gewählt wurde, das Memorandum und die darin enthaltenen Kreditvereinbarungen ebenso wie die begleitenden Austeritätsmaßnahmen sofort aufzukündigen, und nicht unter der Prämisse, dass es dieselbe Politik nur mit geringfügigen Änderungen fortsetzt.
Ein Beweis dafür, wie sehr PASOK und ND einer Umsetzung des im Memorandum festgeschriebenen Austeritäts­programms verpflichtet sind, ist ihre Weigerung, die Sparmaßnahmen auf Eis zu legen, die bis Mitte Juni Gesetzeskraft erlangen sollen. Diese umfassen neuerliche Ausgabenkürzungen in der Höhe von 11,5 Mrd. Euro, die vor allem bei Pensionen, Sozialleistungen und durch Schließung von Schulen und Krankenhäusern erreicht werden sollen. Dazu kommen noch 15%ige Lohnkürzungen und Erhöhungen der Preise bei Strom und öffentlichem Verkehr. Gleichzeitig wird aber das Bankensystem mit weiteren 50 Mrd. Euro gestützt (bisher hat das Bankensystem 150 Mrd. Euro erhalten, während sein Eigenkapitalwert auf ca. 4 Mrd. geschätzt wird), ohne dass irgendeine Vorsorge in Richtung öffentlicher Kontrolle der Banken getroffen worden wäre, was Voraussetzung für die Umsetzung einer Sozialpolitik ist. Nicht zuletzt ist zu erwähnen, dass der Angriff auf die Arbeitsverhältnisse unausgesetzt weiter geht, und zwar durch die Abschaffung der Lohnvereinbarungen nach Sektoren. Laut vom Forschungsinstitut des Allgemeinen Griechischen Gewerkschaftsbunds zur Verfügung gestellten Zahlen werden bis zum Ende des Jahres acht von zehn in der Privatwirtschaft Beschäftigten dies aufgrund von privaten Arbeitsverträgen sein, was zu einer weiteren Absenkung der Löhne und Gehälter um 20-48% führen wird.  
Der vor uns liegende Wahlkampf hat historische Bedeutung nicht nur für die griechische Linke, sondern für die arbeitenden Menschen in ganz Europa. Das Bündnis der Radikalen Linken steht zu seinen Haltungen im Kampf gegen die neoliberale Barbarei und setzt sich weiterhin, trotz aller Schwierigkeiten, für eine umfassende und vereinte Linke ein, die bereit ist, die Macht zu ergreifen und den auf die Katastrophe zusteuernden Kurs, den Griechenland und Europa genommen haben, aufzuhalten.