EGB-Erklärung zur neuen EU-Kommission

Die wirtschaftlichen Maßnahmen zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Krise haben versagt. Sie haben zu niedrigem Wachstum, verbreiteter Prekarisierung von Arbeit und Arbeitslosigkeit – insbesondere Jugendarbeitslosigkeit – sowie Armut und Ungleichheiten geführt. Divergenzen innerhalb, sowie zwischen Ländern wurden verstärkt.

Der Wettbewerb wurde auf alle Bereiche ausgedehnt; auf die Rechte, Löhne und den sozialen Schutz von Arbeiter_innen und Arbeitsbedingungen.
Wettbewerbsfähigkeit sollte auf der Grundlage von fairen sozialen Standards, guten Löhnen und der Entwicklung von Fähigkeiten und Kompetenzen erreicht werden, und nicht auf der Basis von unfairem sozialem Wettbewerb.
Die wirtschaftliche Governance muss das Ziel eines sozialen Europas vollständig integrieren. Die Austeritätsmaßnahmen müssen ausgesetzt werden. Staaten müssen die steuerliche Flexibilität bekommen, um eine Verbesserung der Arbeitsmarktsituation zu erreichen.
Eine Fortführung der aktuellen Maßnahmen ist zum Scheitern verurteilt – Arbeiter_innen und Bürger_innen werden somit weiterhin entfremdet.
Der EGB macht einen konkreten Vorschlag für einen Richtungswechsel in Europa. Unser Vorschlag basiert auf einem Investitionsplan von 2% des EU-BIPs pro Jahr über zehn Jahre, der nachhaltiges Wachstum, die umweltfreundliche Reindustrialisierung Europas und soziale Investitionen zum Ziel hat. Investitionen in Kinder- und Altenbetreuung sind nötig, um Männern und Frauen mit ausreichend Arbeitsplätzen zu versorgen. Unser Vorhaben würde 11 Millionen neue Jobs schaffen. Öffentliche Investitionen sind notwendig, um private Investments anzuziehen.
Der EGB ist überzeugt, dass gesellschaftlicher Dialog den besten Ansatz darstellt, um progressive und faire Lösungen zu finden. Gesellschaftlicher Dialog muss auf allen Ebenen stattfinden. Bestehende Vereinbarungen müssen umgesetzt werden. Der EGB wird den Dialog mit Arbeitgeber_innen und  EU-Institutionen fortsetzen, um mehr und bessere Arbeitsplätze zu schaffen.
Der EGB bekräftigt auch seine Position in den Verhandlungen zum Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP): Nein zum Investor-state dispute settlement (ISDS), ja zum ganz klaren Schutz öffentlicher Dienstleistungen und zur Implementierung  der Standards der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) mithilfe eines Durchsetzungsverfahrens. Wir stellen uns gegen das Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) mit Kanada, da es diesen Anforderungen nicht entspricht.
Der EGB unterstützt eine faire und bessere Regulierung. Wir lehnen das REFIT-Deregulierungsprogramm ab, das die Rechte und den Schutz der Arbeiter_innen schwächt. Alle Arbeiter_innen – ob sie nun in großen, kleinen oder Mikrounternehmen arbeiten – müssen gleich geschützt werden.
Der EGB stellt sich entschieden gegen alle Arten von Sozialdumping. Die Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmer_innen muss überarbeitet werden, um die Gleichbehandlung von entsendeten Arbeiter_innen sicherzustellen. Wir wollen ein Regelwerk zum sozialen Fortschritt, das sicherstellt, dass wirtschaftlichen Freiheiten keine stärkere Bedeutung eingeräumt wird als grundlegenden sozialen Rechten.
Der EGB unterstützt ein ehrgeiziges Programm zum Thema Energie und Klima, das Bestimmungen für eine faire Energiewende enthält und auch für Arbeiter_innen sorgt, die davon negativ beeinträchtigt werden.
Der EGB unterstützt das Freizügigkeitsprinzip in der EU. Missbrauch durch Arbeitergeber_innen bzw. seine unrechtmäßige Einschränkung durch Regierungen sollten thematisiert werden.
Das von Jean-Claude Juncker vorgeschlagene Investitionsprogramm geht im Vergleich mit dem EGB-Plan nicht weit genug. Der EGB ist jedoch der Ansicht, dass es die richtige Richtung einschlägt, wenn es sich nicht um eine reine Umstrukturierung bestehender Finanzmittel handelt. Wir werden den Ursprung und die Umsetzung dieses Plans genau beobachten.
Der Präsident hat auch sein Bekenntnis zu zumutbaren Arbeitsbedingungen, gesellschaftlichem Dialog und Gleichbehandlung von entsendeten Arbeiter_innen bekräftigt, und wiederholt somit einige Forderungen des EGB.
Es ist nun höchste Zeit, dass die Kommission diesen Zielen nachkommt. Schöne Worte alleine bedeuten noch keinen neuen Weg für Europa, wie ihn der EGB fordert. Taten sind nötig, um das Vertrauen der Menschen wiederherzustellen, dass das EU-Projekt ihr Leben verbessern kann.
 
Verabschiedet durch den EGB-Exekutivausschuss im Zuge des Treffens vom 21./22. Oktober 2014