Gemeinsamer Appell für eine andere Wirtschaftspolitik für Europa

Das European Progressive Economists Network hat das folgende Papier über wirtschaftliche Alternativen für Europa formuliert und will sich an Initiativen und Veranstaltungen beteiligen, die in der Folge von Firenze 10+10 entstehen werden:

„Das European Progressive Economists Network ist ein Zusammenschluss von ÖkonomInnen und anderen ForscherInnen, Instituten und Organisationen der Zivilgesellschaft, welche die vorherrschende Wirtschafts-und Sozialpolitik, die Europa in die aktuelle Krise getrieben haben, kritisieren. Wir wollen eine europaweite Debatte über eine alternative Politik initiieren, basierend auf folgenden sechs Punkten.

1. Die Austeritätsmaßnahmen müssen zurückgenommen und die drastische Konditionalität, welche den Ländern für Hilfe aus dem Rettungsfond auferlegt wurde, muss radikal geändert werden, angefangen mit Griechenland. Die gefährlichen Zwänge des Fiskalpakts müssen abgeschafft werden, so dass die Länder öffentliche Ausgaben, soziale Sicherungssysteme, Löhne und Gehälter schützen können, während die EU eine stärkere Rolle im Sinne der Stimulierung der Nachfrage und der Förderung der Vollbeschäftigung spielen muss, um einen nachhaltigen und gerechten Fortschritt zu ermöglichen. Die europäische Politik soll die aktuellen Handelsbilanzdefizite durch Zwangsmaßnahmen auch für Exportüberschussländer reduzieren.

2. Die Politik muss eine Umverteilung zur Verringerung der Ungleichheit und eine Harmonisierung der Fiskalpolitik fördern. Sie soll dem Steuerwettbewerb ein Ende setzen und die Steuerlast weg von der Erwerbsarbeit, hin zu einer höheren Besteuerung von Gewinnen und Reichtum verschieben. Die Politik muss den öffentlichen Dienst und die sozialen Sicherungssysteme begünstigen. Die Erwerbsarbeit und die Tarifautonomie müssen geschützt werden, denn Arbeitsrechte sind ein zentraler Bestandteil der europäischen demokratischen Rechte.

3. Die europäische Finanzkrise, gekennzeichnet durch die Wechselwirkung zwischen Bankenkrise und Staatsschuldenkrise, muss angegangen werden. Die EZB muss als lender of last resort auf dem Staatsanleihen-Markt agieren. Das Problem der Staatsverschuldung muss durch die gemeinsame Verantwortung der Länder des Euroraums gelöst werden. Die Schulden sollen einer öffentlichen Prüfung (Audit) unterzogen werden.

4. Eine radikale Schrumpfung des Finanzsektors ist erforderlich, mit einer Finanztransaktionssteuer, der Abschaffung der spekulativen Finanz und der Kontrolle über Kapitalbewegungen. Das Finanzsystem muss unter soziale Kontrolle gebracht werden. Es muss so verwandelt werden, dass es nachhaltige – in Bezug auf Soziales und Umwelt –, produktive Investitionen und Beschäftigung fördert.

5. Eine fundamentale ökologische Transition bietet einen Ausweg aus Europas Krise. Europa muss seinen ökologischen Fußabdruck und seinen Verbrauch von Energie und natürlichen Ressourcen reduzieren. Die europäische Politik muss neue Wege der Produktion und des Verbrauchs fördern. Ein groß angelegtes, Nachhaltigkeit förderndes Investitionsprogramm kann hochqualifizierte Arbeitsplätze schaffen, Kapazitäten in neuen innovativen Bereichen erweitern und vielfältige Möglichkeiten schaffen, auf lokaler Ebene zu handeln, vor allem in Bezug auf die öffentlichen Güter.

6. Demokratie muss auf allen Ebenen in Europa erweitert werden. Die EU muss reformiert werden und die Machtkonzentration zugunsten weniger Staaten und Institutionen – die von niemandem zu Rechenschaft gezogen werden können –, welche in der Krise stattgefunden hat, muss rückgängig gemacht werden. Das Ziel ist eine größere Partizipation der Bürger, eine größere Rolle des Europäischen Parlaments, eine viel stärkere demokratische Kontrolle über alle wichtigen Entscheidungen.

Angesichts der Gefahr eines Zusammenbruchs braucht es einen Kurswechsel in der europäischen Politik. Ein Bündnis zwischen Zivilgesellschaft, Gewerkschaften, sozialen Bewegungen und progressiven politischen Kräften ist erforderlich, um Europa aus der von Neoliberalismus und Finanzwelt verursachten Krise zu führen. Das European Progressive Economists Network versucht, zu diesem Kurswechsel beizutragen.“

Nähere Informationen:
anotherroadforeurope@gmail.com
atterres@gmail.com