Gegen einen Krieg im Krieg

Die als unabänderlich bekundete Absicht der USA und Frankreichs, militärisch in den syrischen Bürgerkrieg zu intervenieren, droht der Tragödie der Bevölkerung ein weiteres, blutiges Kapitel hinzuzufügen. Der Einsatz chemischer Kampfstoffe, der laut übereinstimmenden Berichten vergangene Woche stattgefunden hat, ist ein Kriegsverbrechen, das geahndet werden muss, wer immer es verübt hat.

Die Tatsachen müssen durch die Vereinten Nationen dokumentiert, die Schuldigen ausgeforscht und vor das Internationale Kriegsverbrechertribunal in Den Haag gestellt werden.
Die sehr schnell vorgenommene Zuweisung der Schuld an das Assad-Regime seitens der Regierungen der führenden NATO-Staaten, die bislang aber keine nachvollziehbaren Beweise vorgelegt haben, hat eher Zweifel provoziert, als Klarheit geschaffen. Auf jeden Fall aber widerspricht ein außerhalb der UN-Mechanismen durchgeführter Militärschlag, in dem sich einige Staaten, ohne objektive Untersuchungsergebnisse abzuwarten, zu Anklägern, Richtern und Vollstreckern in Einem erklären, jeder Vorstellung von Legalität. Eine militärische Aktion, zeitlich und räumlich wie immer auch begrenzt, die ohne Autorisierung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen geschieht, stellt einen Bruch des Völkerrechts dar. Sie wäre eine Desavouierung der UN und der in ihr verkörperten, internationalen Ordnung.
Wird nun dem einen schrecklichen Krieg ein weiterer Krieg hinzugefügt, so kann das nur das Leid erhöhen und eine politische Lösung erschweren. Die beabsichtigten Militärschläge werden Opfer, auch unter ZivilistInnen, fordern und beinhalten das Risiko, durch die Ausweitung des Konflikts auf andere Staaten (Libanon, Jordanien, Israel, Irak, Iran und Türkei) in der Region einen kriegerischen Flächenbrand auszulösen, der weltweite Auswirkungen haben würde. Eine solche unkalkulierbare Situation muss unter allen Umständen vermieden werden.
In vielen europäischen Städten finden in diesen Tagen Kundgebungen gegen die weitere Eskalation des Krieges statt. Wir fordern von den USA, Frankreich und allen anderen einbezogenen Mächten, ihre Kriegsvorbereitungen und militärischen Aktionen sofort einzustellen. Die Umstände des Einsatzes chemischer Kampfstoffe gegen die syrische Bevölkerung müssen durch eine unparteiische, internationale Untersuchung aufgeklärt und der Weltöffentlichkeit bekannt gemacht werden. Die Schuldigen, wer immer sie sind, sind international zur Fahndung auszuschreiben. Als ersten Schritt zur Beendigung des Bürgerkriegs ist sinnvoll, ein Waffenembargo gegenüber allen beteiligten Seiten zu verhängen und durchzusetzen. Von der Europäischen Union verlangen wir die politische Initiative zu einer Friedenskonferenz im Sinne der Zweiten Genfer Syrien-Konferenz, unter Einbeziehung der Bürgerkriegsparteien, der angrenzenden Staaten und der Großmächte.