10 Punkte für eine gewerkschaftliche Strategie gegen den Klimawandel

Da jeder und jedem von uns nur wenige Minuten für unsere Beiträge zum außerordentlich großen Thema Klimawandel bleiben, möchte ich Ihnen nun eine mögliche gewerkschaftliche Strategie gegen den Klimawandel sehr kurz und bündig in zehn Punkten vorstellen. Zuerst möchte ich einige grundlegende Fakten nennen, auf denen wir unsere Strategie und Politik aufbauen müssen. 1.  Der

Da jeder und jedem von uns nur wenige Minuten für unsere Beiträge zum außerordentlich großen Thema Klimawandel bleiben, möchte ich Ihnen nun eine mögliche gewerkschaftliche Strategie gegen den Klimawandel sehr kurz und bündig in zehn Punkten vorstellen. Zuerst möchte ich einige grundlegende Fakten nennen, auf denen wir unsere Strategie und Politik aufbauen müssen.
1.  Der Klimawandel ist keine Bedrohung der Zukunft, sondern geschieht bereits hier und jetzt. Es handelt sich dabei um ein menschengemachtes Phänomen mit möglicherweise katastrophalen Folgen.
2. Die Klimabedrohung wird weitreichende Auswirkungen auf die gesellschaftliche Entwicklung haben: Entweder wird sie der Klimawandel selbst nach sich ziehen oder sie sind Folgen der Maßnahmen zur Abwendung oder Abschwächung des Klimawandels. Unsere Art zu leben und zu arbeiten wird sich daher beträchtlich verändern – ob wir nun entsprechende Handlungen setzen oder nicht. Die größte Bedrohung stellt jedoch Tatenlosigkeit bzw. ein unbegrenztes Aufschieben unseres Engagements in diesem Thema dar und hätte katastrophale Folgen.
3. Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels werden die Gesellschaft stark verändern – wir haben es also mit einem äußerst großen gesellschaftlichen Kampf zu tun. Der Kampf gegen den Klimawandel ist in erster Linie ein Kampf um gesellschaftliche Macht, in dem es um die Art der Gesellschaft geht, in der wir leben wollen. Das bedeutet für die aktuelle Situation, dass der Kampf gegen den Klimawandel mit dem Kampf gegen die Auswirkungen der Wirtschaftskrise – der Kapitalismuskrise –und ihre treibenden Kräfte vereinigt werden muss.
4. Heute sind das Diktat des Wirtschaftswachstums und der Raubbau an den natürlichen Ressourcen fixe Bestandteile der kapitalistischen Ökonomie. Es wird daher nicht ausreichen, sich allein auf Umweltpolitik zu konzentrieren. Der Klima- und Umweltkampf muss in einem breiteren politischen Kontext geführt werden. Ein systemkritischer Ansatz wird von Nöten sein. Um den Klimawandel aufzuhalten brauchen wir eine demokratische Kontrolle über die Wirtschaft – besonders im Bereich Energiegewinnung und –verteilung. Sowohl die Umwelt- als auch die Wirtschaftskrise stellen also nicht nur eine Bedrohung dar, sondern auch eine Gelegenheit, wichtigen und notwendigen gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen.
5. In diesem gesellschaftlichen Kampf wird der gewerkschaftlichen Bewegung durch ihre strategische Position in der Gesellschaft eine wichtige Rolle zukommen. Gewerkschaften wurden jedoch überall auf der Welt in die Defensive gedrängt und werden von den starken wirtschaftlichen Kräften unter enormen Druck gesetzt. Damit die Gewerkschaftsbewegung also eine führende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel einnehmen kann, muss sie neu belebt und aktiviert werden, bzw. sich neu ausrichten.
6. Klimapolitik kann nicht auf die Frage nach dem Opfer, das wir leisten müssen, reduziert werden; also auf die Frage, welche unserer hart erarbeiteten Rechte wir aufgeben müssen – so wie es uns ein Teil der Umweltbewegung weiß machen will. In diesem Kampf geht es hauptsächlich darum, eine bessere Gesellschaft für alle zu schaffen. Die Finanzierung von Maßnahmen zur Senkung von CO2-Emissionen müssen daher mit einer radikalen Vermögensumverteilung einhergehen – von Norden nach Süden, von reich zu arm. Andernfalls wird es unmöglich sein, breite Unterstützung für notwendige politische Maßnahmen gegen den Klimawandel zu gewinnen.
7. Um den Klimawandel aufzuhalten braucht es eine Umstrukturierung unserer Gesellschaften. Klimaschädigende Aktivitäten müssen verringert werden und wir müssen auf erneuerbare Energien, Energieeffizienz und ökologische nachhaltige Ansätze setzen. Dies muss auf geplante und systematische Weise geschehen und die soziale und wirtschaftliche Sicherheit der Menschen erhalten bzw. stärken. Es kann nicht sein, dass gewisse Gruppen von Arbeiter_innen durch Arbeitslosigkeit und Ausgrenzung den Großteil der Last, die die Bekämpfung des Klimawandels mit sich bringt, tragen müssen. Der Übergang muss, anders gesagt, gerecht verlaufen – und um gerecht zu sein, muss er auf demokratische Weise geplant und durchgeführt werden. Sämtliche seriöse Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass notwendige politische  Maßnahmen gegen den Klimawandel mehr Arbeitsplätze schaffen als sie zunichtemachen. Das hängt stark mit der Position der Arbeiter_innen auf dem Arbeitsmarkt zusammen, mit kürzeren Arbeitszeiten und damit, wie wir die notwendige Arbeit in der Gesellschaft verteilen.
8. Ein Übergang zu einer ökologisch nachhaltigen Gesellschaft hat viele Vorteile. Tausende neue Arbeitsplätze im Bereich öffentlicher Verkehr, erneuerbare Energien, Ökologisierung von Wohnhäusern und nachhaltige Industrie werden damit geschaffen. Die Reduktion von Treibhausgasen wird auch zu weniger stark verschmutzten Arbeitsplätzen und Wohngegenden führen. Die verstärkte demokratische Kontrolle der Wirtschaft wird den Konkurrenzdruck am Arbeitsplatz reduzieren. Weniger Stress, Belastung und psychologischer Druck sind wichtige positive Auswirkungen einer solchen Entwicklung.
9. Marktbasierte Lösungen für die Klimakrise, die hauptsächlich im Emissionshandel bestehen und von Regierungen und wirtschaftlichen Interessensgruppen massiv befürwortet wurden, haben bis jetzt keine Wirkung gezeigt. Auch globale Gipfeltreffen werden uns nicht retten. Alles, was wir in Bezug auf verbesserte soziale Gleichstellung, gute Arbeitsbedingungen, Armutsbekämpfung, Gender-Politik etc. in unseren Gesellschaften bewirken konnten, haben wir nicht durch irgendwelche globalen Gipfeltreffen erreicht. Wir brauchen bindende internationale Abkommen, die der Klimarettung dienen. Um das jedoch zu erreichen, müssen wir gesellschaftliche Kräfte für Alternativlösungen, die auf Solidarität, Gleichheit und die Bedürfnisse der Menschen gerichtet sind, mobilisieren. Regierungen und multinationale Unternehmen zeigten vor kurzem bei der COP 19 in Warschau, dass sie nicht nur nicht imstande waren, Fortschritte zu erzielen, sondern sich im Gegenteil, rückwärts bewegten. Sie hatten also ihre Chance, aber sind gescheitert. Es ist an der Zeit, dass sich andere diesem Thema annehmen.
10. Um in diesem gesellschaftlichen Kampf also erfolgreich zu sein, müssen wir langfristige, breite Allianzen in der Bevölkerung aufbauen. Diese müssen vor allem zwischen der Arbeiter_innen- und der Umweltbewegung geschlossen werden. Im Klimakampf geht es um die Demokratisierung der Wirtschaft und der Gesellschaft, um Vermögensumverteilung und die freie Nutzung unseres gemeinsamen Wissens – ohne Einschränkungen durch Patente. Um das Klima zu retten, müssen wir die Gesellschaft verändern. Nur so können wir die notwendigen Umstände für ein besseres Leben für alle schaffen – auch für unsere Nachkommen.
Redebeitrag zum Treffen der Rosa Luxemburg Stiftung und dem  Left Labour Project in New York am 18. September 2014.